Startup-Monitor 2015: Gründer sind international, zufrieden, männlich und brauchen Geld

Der Startup-Monitor will einen Überblick über die deutsche Gründerszene geben. Das Ergebnis: Die Szene ist sehr international, Wachstumsfinanzierung ist eine Baustelle, Gründerinnen bleiben in der Minderheit und die FDP steht besonders hoch im Kurs.

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Startup-Monitor 2015: Gründer sind international, zufrieden, männlich und brauchen Geld

(Bild: DSM)

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Von
  • Stefan Mey
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"Deutschland muss Startups noch viel stärker als in der Vergangenheit verstehen", fordert Sven Ripsas, Entrepreneurship-Professor an der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht. Und dafür leiste der Startup-Monitor einen wichtigen Beitrag.

6000 Startups gibt es insgesamt in Deutschland, schätzt Florian Nöll vom Startup-Verband, wobei sich die Grundgesamtheit nicht wirklich bestimmen lasse. Etwa 1000 Gründer haben an der Onlinebefragung für den Monitor teilgenommen. Als Startup zählten nicht jeder kleine Online-Selbständige, sondern nur Jungunternehmen, die jünger als zehn Jahre, mit ihrer Technik oder ihrem Geschäftsmodell innovativ sind und deren Ziel ein signifikantes Wachstum in punkto Umsatz und Mitarbeiterzahl ist. Die Studie ist ein Gemeinschaftsprojekt des Bundesverbands Deutsche Startups, des Beratungs-Unternehmens KPMG AG und der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR).

Gründer sind durchschnittlich 34,9 Jahre alt. Der Frauen-Anteil an Gründern ist im Vergleich zum Vorjahr leicht von 10 Prozent auf 13 Prozent gestiegen, was Nöll durchaus als Trend beim traditionell heiklen Thema weiblicher Beteiligung sieht. Berlin ist immer noch die Startup-Hauptstadt schlechthin. Etwa ein Drittel der Startups sitzen hier, wichtige Gründungszentren sind aber auch München, Hamburg sowie die Metropolregionenen Rhein-Ruhr und Stuttgart/Karlsruhe. Ansonsten sind deutsche Startups sehr international. 10 Prozent der Gründer stammen aus dem Ausland und 22 Prozent der Angestellten.

Gründer sind deutlich zufriedener als klassische Angestellte, lautet eine weitere Erkenntnis, und das trotz Arbeitsstress' und der Gefahr, zu scheitern. Zukunftsängste scheinen wenig verbreitet zu sein, wie ein erstmals erhobener Geschäftsklima-Index für Startups zeigt: 90 Prozent der Gründer zeigen sich mit der aktuellen Geschäftslage zufrieden und rund drei Viertel gehen davon aus, dass sich ihre Situation im nächsten halben Jahr noch verbessern wird.

Startups werden immer mehr zu Jobmotoren, meint HWR-Professor Ripsas. Die erfassten Unternehmen haben bisher durchschnittlich 17,6 Arbeitsplätze geschaffen. Auf die geschätzten 6000 Startups in Deutschland hochgerechnet ergibt das mehr als kreierte 100.000 Jobs. Bei der Rechnung wurden allerdings keine Substitutionseffekte berücksichtigt, sagt Ripsas. Etwa indem Jobs in Startups unter Umständen zu Lasten weniger innovativer Unternehmen in verwandten Branchen gehen. Er glaubt, dass ein solcher Effekt hierzulande kaum relevant ist, da Startups überwiegend in neuen Geschäftsfeldern aktiv seien. Wenn überhaupt, dann würden Jobs im Silicon Valley oder in anderen Startup-Regionen substitutiert.

Eine altbekannte Klage des Startupverbands taucht wie schon 2014 auch in diesem Jahr wieder als zentral auf: die schwierige Aquise von Investitionskapital. Während in frühen Phasen öffentliche Investoren und Förderer sowie Business Angels auskömmlich Kapital bereitstellten, seien größere Summen im zweistelligen Millionenbereich hierzulande schwer zu bekommen. Es gebe aber auch eine positive Nachricht, meint der KGMP-Analyst Tim Dümichen: "Wir haben 2014 in Deutschland Großbritannien als Importland für Risikokapital überholt." Allein die 1000 erfassten Unternehmen des Startupmonitors haben 2014 mehr als 1 Milliarde Euro an Risikokapital einwerben können.

Wenn Gründer den Bundeskanzler bestimmen könnten, würde er von der FDP kommen, wobei im Norden eher die Liberalen präferiert werden, im Süden eher CDU/CSU.

Insgesamt erhält die Bundespolitik mit 3,7 eine nach wie vor äußerst schlechte Schulnote. Als kritisch wird beispielsweise der Mindestlohn auch für Praktikanten gesehen. Dass sich die Note im Vergleich zu 2014 aber minimal um 0,2 Notenpunkte verbessert hat, deutet Florian Nöll positiv um. Die Politik habe die Zeichen der Zeit verstanden und die Bedürfnisse von Startups immer mehr im Blick: "So richtig toll ist es noch nicht. Die Ergebnisse der Studie lassen sich aber als positives Signal an die Bundesregierung sehen." (anw)