IANA-Aufgabe durch USA weiter unter Zeitdruck: Auf Messers Schneide

Mitte der Woche läuft die Frist für das Ende der US-Aufsicht für die zentrale Root Zone im DNS aus. Wenn die Übergabe an die Selbstverwaltungsgremien der ICANN in einem Jahr nicht abgeschlossen ist, könnte das Projekt scheitern, meinen Kritiker.

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Schnelles Internet

(Bild: dpa, Ralf Hirschberger)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Monika Ermert
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Nach über einem Jahr intensiver Vorbereitungen für die Übernahme der Aufsicht über die Internet Assigned Numbers Authority (IANA) durch ein Selbstverwaltungssystem mahnte der ehemalige Clinton-Berater Ira Magaziner am Wochenende in Los Angeles zur Eile. Das Projekt der seit Jahren international geforderten IANA-Privatisierung könne angesichts US-Wahlkampfs immer noch platzen. Die mit dem Entwurf von "Checks and Balances" betraute Arbeitsgruppe liegt allerdings gerade im Clinch mit dem Vorstand der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN).

ICANN, IANA & Co.: Die Verwaltung des Internets

Diverse Organisationen sind für die Verwaltung des Internets zuständig - die ICANN und die ihr zugeordnete IANA etwa verwalten die weltweiten IP-Adressen und die DNS-Rootzone, die IETF ist für die Protokollstandards verantwortlich. Bis vor kurzem noch bedingte sich die USA die letzte Entscheidungsgewalt aus.

Die neuen Rechte der ICANN-Selbstverwaltungsgremien erschienen den ICANN-Direktoren als viel invasiver als sie eigentlich seien, versicherte eco-Anwalt Thomas Rickert gegenüber heise online nach dem zweitägigen Treffen in Los Angeles. Über viele Prinzipien der neuen Aufsicht herrscht laut Rickert, der als einer der Vorsitzenden der zuständigen Arbeitsgruppe (CCWG) agiert, längst Einigkeit.

Registries und Registrare, Regionalräte von Internet- und Verbraucherorganisationen, verschiedene Expertengremien und voraussichtlich auch die Regierungen sollen den Haushalt, aber auch Satzungsänderungen, vor allem die Aufgabe von verfassungsmäßigen Grundsätzen der IANA-Managerin ICANN stoppen können. Die Selbstverwalter sollen überdies Vorstandsmitglieder abberufen oder den gesamten Vorstand entlassen können.

Über all diese neuen Rechte herrscht nach Auskunft von Rickert weitgehend Konsens. In eigenen Stellungnahmen und im vom ICANN-Vorstand eilig anberaumten "Dialog" in Los Angeles wurde aber deutlich, dass der Vorstand fürchtet eine zu machtvolle Kontrolle durch seine Gremien befürchtet.

Der amtierende Vorstandsvorsitzende Steve Crocker bekräftigte die prinzipielle Ablehnung des von der CCWG vorgeschlagenen Mitgliedsmodells, nach dem alle Selbstverwaltungsgremien gemeinschaftlich Positionen festlegen, die sie dann als einziges "Mitglied" (Sole Membership Model) gegenüber dem Vorstand vertreten.

Die ursprünglich ins Auge gefasste Abschlussdiskussion in Dublin muss angesichts der zahlreichen offenen Fragen erneut verschoben werden. Rickert hofft, dass diese Diskussion noch vor der Frühjahrstagung der ICANN 2016 stattfinden kann, ganz eingedenk der Warnungen von Magaziner. Der drängte weiter auf einen Abschluss in Dublin und sagte unter Verweis auf nationalistische Töne im langsam in Fahrt kommenden US-Wahlkampf: "Ich glaube, ihr könnt scheitern." (anw)