US-Medienkomitee sieht EU-Pressefreiheit durch Überwachung bedroht

Das Committee to Protect Journalists warnt in einem Sonderbericht vor "bedeutenden Herausforderungen" für die freie Arbeit der "vierten Gewalt" in Europa. Der Quellenschutz sei in Gefahr, der Zugang zu Informationen begrenzt.

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(Bild: heise online)

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Viele der 28 EU-Staaten rangieren in internationalen Vergleichen zur Pressefreiheit recht weit oben. Ein am Dienstag veröffentlichter Bericht des Committee to Protect Journalists (CPJ), den der belgische Autor, Dozent und Aktivist Jean-Paul Marthoz erstellt hat, malt im Detail aber ein weniger rosiges Bild der staatlich garantierten Arbeitsbedingungen der "vierten Gewalt" in Europa. Die Rede ist von großen "Herausforderungen", die die Pressefreiheit aushöhlten, auch im Kampf gegen den Terrorismus.

Verleumdungs- und Blasphemiegesetze, die Journalisten abschreckten, gälten in einigen Mitgliedsstaaten immer noch, hält Marthoz fest. "Weitreichende Überwachung" unterwandere die Geheimhaltung von Quellen. Vor allem der Anschlag auf die Redaktion des französischen Satiremagazins Charlie Hebdo Anfang des Jahres habe dazu geführt, dass an der Front der inneren Sicherheit erneut aufgerüstet wurde. Der Belgier kritisiert hier auch die Pläne der Bundesregierung, die Vorratsdatenspeicherung und damit so weitgehende Überwachungsbefugnisse wieder einzuführen.

Generell habe die Terrorismusbekämpfung zu Gesetzen und Praktiken geführt, "die die Rechte und Arbeitsfähigkeit von Journalisten einschränken". Auch der gesetzlich garantierte Zugang zu Informationen von Behörden und Unternehmen bleibe in der EU "begrenzt". Selbst wenn es in Europa selten zu Gewalt gegen Pressevertreter komme, seien Journalisten in Italien und Bulgarien von kriminellen Organisationen angegriffen, in Spanien von der Polizei eingeschüchtert und in Frankreich von religiösen Extremisten ermordet worden.

Das in New York angesiedelte CPJ, in dessen Vorstand zahlreiche Vertreter großer internationaler Medienhäuser sitzen, wirft der EU vor, beim Bewältigen dieser manifesten Gefahren zu "scheitern". Dies untergrabe auch die Fähigkeit Europas, die Pressefreiheit außerhalb seiner Grenzen etwa in der Türkei oder in China zu verteidigen. Vielmehr würden autoritären Staaten "vorgefertigte Alibis für deren eigene repressive Politik" geliefert.

"Wenn man nach Informationen oder Dokumenten fragt, die einer offiziellen Position widersprechen könnten, dann fallen die Tore und Sprecher helfen dir nicht wirklich weiter", beschwerte sich der Le-Monde-Korrespondent Jean-Pierre Stroobants. Den Schutz für Whistleblower schätzten die Teilnehmer ebenfalls als sehr schwach ein. Nur zwei von neun EU-Institutionen hätten die geforderten internen Richtlinien für Hinweisgeber umgesetzt.

Das CPJ empfiehlt dem europäischen Gesetzgeber und den Mitgliedsstaaten, vor allem in diesem Bereich und bei der Informationsfreiheit umfassend nachzubessern. Auch "starke Verschlüsselung" sollte gefördert werden, um Journalisten und ihre Quellen besser zu schützen. (anw)