Breko-Verband fordert Trennung von Netz und Betrieb der Deutschen Telekom

Die alternativen Carrier sehen sich durch das Vectoring-Angebot der Telekom an die Bundesnetzagentur offenbar enorm bedroht und letztlich chancenlos. Um die Tk-Liberalisierung zu vollenden müsse die Telekom gespaltet werden.

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Vectoring

Zweischneidiges Schwert: Die Telekom verspricht, mittels Vectoring den Breitbandausbau zu fördern. Dass sie damit nebenbei Mitbewerber schwächen könnte, lässt sie unerwähnt.

(Bild: dpa)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Dusan Zivadinovic
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Der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) fordert in der Debatte über den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen Deutscher Telekom und Bundesnetzagentur (BNetzA) die Abspaltung des Festnetzbereichs der Deutschen Telekom – also die konsequente Trennung von Netz und Betrieb. "Wir brauchen ein rechtlich und eigentumsseitig selbstständiges Festnetzunternehmen, das die notwendigen Vorleistungen sowohl für die Deutsche Telekom als auch für deren Wettbewerber diskriminierungsfrei erbringt", meint Breko-Geschäftsführer Stephan Albers.

Den Anlass für die Forderung gab das Angebot der Telekom, VDSL2-Vectoringanschlüsse im Nahbereich aller bundesweit knapp 8000 Hauptverteiler (HVt) auszubauen (rund 550 Meter). Beim Vectoring wurde jedoch ein Nebeneinander von mehreren Anbietern technisch nicht realisiert. Baut also die Telekom an allen HVts Vectoring aus, wären die Investitionen der alternativen Carrier an den HVts für die Katz.

Der Breko sieht in seinem Vorschlag auch eine "Konsequenz aus der Entwicklung der vergangenen Jahre". In 17 Jahren der Tk-Liberalisierung sei es nicht gelungen, die im deutschen Telekommunikationsgesetz und in den europäischen Rechtsgrundlagen geforderte Gleichbehandlung zwischen den Mitbewerbern und der Deutschen Telekom zu schaffen.

Vertraglich vereinbarte Bereitstellungs- und Entstörfristen für Vorleistungen der Deutschen Telekom würden seit Jahren überschritten. Der Konzern nutze für die eigene Bereitstellung von Netzleistungen separate Ressourcen, deren Ausstattung deutlich besser sei. "Eine verlässliche und vertragskonforme Bereitstellungs- und Entstörqualität ist ein erheblicher Wettbewerbsfaktor", erläutert Albers. "Funktionieren Bereitstellung und Entstörung der Vorleistung nicht, hält dies Kunden von einem Anbieterwechsel ab oder veranlasst sie dazu, wieder zurück zur Telekom zu wechseln."

Sollte die Deutsche Telekom Vectoring-Anschlüsse an den Hauptverteilern exklusiv ausbauen und anbieten dürfen, würde dem Bonner Unternehmen die Re-Monopolisierung von Teilen der Infrastruktur gelingen. Die Konsequenzen wären weniger Wettbewerb beim flächendeckenden Ausbau mit schnellen Glasfaseranschlüssen und damit letztlich steigende Preise und schlechtere Produktqualität.

"Wir sehen mit großer Sorge, dass die alternativen deutschen Netzbetreiber Stück für Stück vom Zugang zum Netz des Ex-Monopolisten Deutsche Telekom abgeschnitten werden – und damit die Erfolgsgeschichte der Liberalisierung des deutschen Tk-Marktes aufs Spiel gesetzt wird", erläutert Breko-Präsident Norbert Westfal. "Und das, obwohl die Wettbewerber hierzulande mehr als die Hälfte (57 Prozent) aller Investitionen in den Telekommunikationsmarkt leisten und im vergangenen Jahr fast drei Mal so viel von ihrem Gewinn investiert haben als die Telekom." Die zum überwiegenden Teil im Breko organisierten Wettbewerber der Telekom haben laut Verbandsangaben die Zahl der VDSL2-Anschlüsse seit Ende 2013 um mehr als 80 Prozent gesteigert.

Außerdem erneuert der Breko seinen Appell an die Bundesregierung, sich von ihren Anteilen an der Deutschen Telekom zu trennen und meint damit auch den KfW-Anteil von derzeit knapp 31,8 Prozent. Entsprechende Überlegungen des Bundesfinanzministeriums habe es bereits im November 2014 gegeben. Auch den Bundesrechnungshof und die Monopolkommission sieht der Breko an seiner Seite.

Mit den Milliarden-Erlösen ließen sich viele schnelle Glasfaseranschlüsse auch in ländlichen Gebieten bauen. Auch die Grünen-Bundespartei sowie der baden-württembergische Verbraucherminister Alexander Bonde hätten sich jüngst öffentlich dafür ausgesprochen, die Erlöse aus dem Verkauf der Telekom-Anteile des Bundes in den flächendeckenden Ausbau mit Glasfaser zu stecken.

Der Vorstoß des Breko ist verständlich; die alternativen Tk-Unternehmen wären sehr unter Druck, wenn es der Telekom gelänge, sie von den Hauptverteilern zu verdrängen. Doch die Chancen, den Vorstoß der Telekom auf diesem Weg abzuwehren, sehen nicht rosig aus. Die BNetzA zählt nämlich auch Kabel- und LTE-Zugänge zu den Breitband-Internetanschlüssen und rund um die HVts sind diese Anschlussarten zumindest in Ballungsgebieten häufig vorhanden. Darin könnte die BNetzA Belege für einen ausreichenden Wettbewerb sehen. Eine Rechtfertigung für die Benachteiligung der alternativen Carrier hat die Telekom der BNetzA bereits geliefert: Sie verspricht einen beschleunigten Vectoring-Ausbau, wenn sie allein über die HVts verfügen darf.

Ein Großteil der von der Telekom genannten 5,9 Millionen Anschlüsse an den Hauptverteilern liegt jedoch in Ballungsgebieten. An diesen bietet die Telekom ohnehin VDSL mit bis zu 50 MBit/s an. Der Schritt zum Vectoring mit 100 MBit/s sei daher nicht groß, kritisieren Wettbewerber, und deshalb sei das Ausbauversprechen eine Mogelpackung. (dz)