Frankfurter Buchmesse: E-Book-Markt im Umbruch

Auch bei E-Books werden Flatrates beliebter – zumindest bei Lesern. Verlage öffnen ihre Archive aber nur zögerlich, erste Anbieter rudern schon zurück. Bei gekauften E-Books ist hartes DRM auf dem Rückzug – außer beim Marktführer. Eine Bestandsaufnahme

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Von
  • Johannes Haupt
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Unbegrenzt Medien konsumieren zum monatlichen Fixpreis – nach Musik- und Video-Streaming schlägt nun die Stunde von Abo-Modellen für E-Books. Wie die GfK anlässlich der anstehenden Frankfurter Buchmesse mitteilte, nutzen inzwischen 1,4 Millionen Deutsche eine Online-Ausleihe. Das entspricht jedem zweiten E-Book-Leser. Laut dem IT-Branchenverband Bitkom ist die Onleihe, das Leihangebot der öffentlichen Bibliotheken, sogar die Nummer 1 in der Kundengunst, deutlich vor kommerziellen Anbietern.

Das macht deutlich, dass sich Leser E-Book-Flatrates wünschen. Die großen Verlage sind allerdings nach wie vor zurückhaltend bei der Bereitstellung ihrer Titel. Sie befürchten eine Kannibalisierung der deutlich lukrativeren Verkäufe und pochen auf hohe Vergütungen pro Leihen. Das hat Folgen: Aufgrund von Lizenzstreitigkeiten gibt es bis heute keine E-Books von Holtzbrinck (Rowohlt, Droemer Knaur, S. Fischer und andere) bei der Onleihe, und das Angebot von Kindle Unlimited besteht ein Jahr nach seiner Eröffnung fast ausschließlich aus Publikationen von Indie-Autoren.

Die E-Book-Flatrate Skoobe, ein Gemeinschaftsprojekt von Holtzbrinck und der Verlagsgruppe Random House (Bertelsmann), ist im Vergleich deutlich besser bestückt. Auch hier sind aktuelle Bestseller aber die absolute Ausnahme. Und die Finanzierungsfrage der Anbieter ist noch völlig ungeklärt: Der US-Flatrate-Pionier Scribd musste Tausende beliebte Liebesromane aus seinem Programm entfernen, weil sie schlicht zu häufig gelesen wurden und den Anbieter tief in die roten Zahlen trieben.

Deshalb gibt es bei Scribd – wie auch Kindle Unlimited – inzwischen fast nur noch niedrigpreisige E-Books. Hinzu kommt: Die meist monatlich 10 Euro kostenden Flatrates lohnen sich nur für Viel-Leser, die häufig auf einem Lesegerät schmökern. Bei Kindle Unlimited ist das nur mit Kindle-Lesegeräten möglich, Skoobe und andere Anbieter bieten nur Apps für Smartphones und Tablets an. Einzig die E-Books aus der Onleihe können auf Reader kopiert werden, die mit dem Adobe-Kopierschutz zurecht kommen, also alle verbreiteten Modelle mit Ausnahme der Kindles.

Bei der Onleihe geht ohne das restriktive Adobe DRM nach wie vor nichts, bei verkauften E-Books hingegen hat sich in den vergangenen Monaten allerdings einiges bewegt. Ende Juni hat der schwedische Bonnier-Konzern (u.a. Piper, Ullstein, Carlsen) die Umstellung seines Kopierschutzes von hart (Adobe) auf weich (Wasserzeichen) angekündigt, nicht einmal einen Monat später folgte Holtzbrinck. Mitte August kündigte schließlich mit Random House (u.a. Heyne, Blanvalet) auch der letzte der drei großen Verlagskonzerne an, künftig auf Wasserzeichen zu setzen.

In der Praxis ist davon allerdings nicht viel zu sehen. Den Verlagsgruppen sind die von Handelsseite eingesetzten Wasserzeichen häufig noch zu unsicher weil zu leicht entfernbar. So sind Holtzbrinck-Titel in den Stores der Tolino-Alliierten (Thalia, Weltbild, eBook.de und andere) weiterhin mit Adobe-Kopierschutz versehen, während sie bei Händlern wie Ciando nur noch weich geschützt sind. Auch die E-Books von Random House, eigentlich schon seit dem 1. Oktober nur noch "weich" geschützt, sind noch allesamt hart verschlüsselt. Hinter den Kulissen arbeiten Verlage und Händler aktuell intensiv an dem Wechsel.

Die Umstellung werden nicht grundsätzlich mit Wohlwollen aufgenommen. So nehmen einige Leser die implementierten Wasserzeichen, die sich über das gesamte Buch verteilen, als Belästigung und pauschale Kriminalisierung wahr. Der komplette Verzicht auf Kopierschutz ist in der Verlagslandschaft nach wie vor die Ausnahme. Nur wenige größere Häuser, etwa Bastei Lübbe, verfügen über ausreichend Vertrauen in die Ehrlichkeit des Buchkäufers.

Vom DRM-Tauwetter bekommen Kunden des Marktführers Amazon dagegen nichts mit. Denn der Händler stülpt weiterhin grundsätzlich allem, was von Verlagsseite angeliefert wird, seinen eigenen Kopierschutz über. Bei Amazon gekaufte E-Books haben damit zunehmend einen geringeren Nutzwert als für das gleiche Geld erworbene epub-Dateien. Die können beispielsweise ganz legal konvertiert und auf verschiedenen Geräten – inklusive einem Kindle – geschmökert werden.

Am Dienstagabend wird die 67. Frankfurter Buchmesse offiziell eröffnet. Bis Sonntag zeigen mehr als 7000 Aussteller aus rund 100 Ländern ihr Angebot; Gastland ist in diesem Jahr Indonesien. Trotz eines leichten Umsatzrückgangs (bis Ende September ein Minus 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr) ist die Branche zufrieden. Dem deutschen Buchmarkt geht es gut, ist man beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels überzeugt. Bei den E-Books scheint sich das immense Wachstum der vergangenen Jahre jedoch abzuschwächen. (mho)