Arbeitsministerin Nahles: Digitalisierte Industrie 4.0 geht nicht ohne Sicherheit für Beschäftigte

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles will Missstände wie bei Werkverträgen in der Industrie 4.0 verhindern. Es gebe "keine Flexibilität ohne Sicherheit".

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Andrea Nahles

dpa, Archiv

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Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hat für die Digitalisierung der Industrieproduktion, die sogenannte Industrie 4.0, angepasste Tarifverträge gefordert. Damit müssten Missstände wie bei Werkverträgen frühzeitig verhindert werden, sagte Nahles auf einer Diskussionsveranstaltung der Bundesagentur für Arbeit (BA) am Montagabend in Nürnberg.

"Natürlich ist bei Industrie 4.0 die Flexibilität der Beschäftigten gefordert. Wir brauchen für sie aber auch Sicherheit. Es gibt keine Flexibilität ohne Sicherheit", unterstrich sie. Dies zu regeln, sei in ihren Augen Aufgabe der Tarifparteien.

Angesichts der Digitalisierung der Industrie hatten Arbeitgeberverbände im vergangenen Sommer darauf hingewiesen, für die Arbeitszeitregelung mehr Spielräume zu schaffen und betriebliche Notwendigkeiten abzubilden. Das Bundesarbeitsministerin hatte die Aufforderung zurückgewiesen, den Achtstundentag aufzuweichen. Es seien keine Änderungen am Arbeitszeitgesetz geplant.

Nahles wandte sich gegen Ängste mancher Beschäftigter, mit der immer stärker vernetzten und von Robotern unterstützten Produktion würden viele Arbeitsplätze verloren gehen. "Wir haben die erste, zweite und dritte industrielle Revolution gut geschafft. Das wird uns auch bei der vierten industriellen Revolution gelingen", sagte Nahles vor mehreren hundert Zuhörern im Nürnberger Rathaussaal. Sie räumte aber ein: "Der eine oder andere wird sich fremd fühlen. Diese Menschen müssen wir mit der Bundesagentur für Arbeit mit Fortbildungsangeboten begleiten."

Industrie 4.0 erfordert nach Nahles Einschätzung aber nicht nur ein Umdenken bei Beschäftigten und die Bereitschaft sich fortzubilden. Gefordert seien auch ihre Chefs. Vor allem in manchen mittelständischen Unternehmen herrsche noch ein "altmodischer Führungsstil", der künftig nicht mehr zur Digitalisierung der Produktion passe. Wenn die digitale Fabrik der Zukunft funktionieren soll, muss nach Ansicht der Ministerin eine "projektorientierte Führungskultur" die traditionelle hierarchische Führungskultur ersetzen.

Der Chef des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Joachim Möller, rechnet damit, dass mit der Digitalisierung der Industrie im Saldo rund 60.000 Stellen in Deutschland verloren gehen. Darüber hinaus werden bis zum Jahr 2030 rund eine Million Menschen gezwungen sein, in ein anderes Berufsfeld zu wechseln, erläuterte er. "Das bedeutet Anpassungsinvestitionen und Schmerzen." Das IG-Metall-Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban sieht in der Industrie 4.0 sowohl Chancen als auch Risiken für die Beschäftigten. Die Gewerkschaften seien nun gefordert, die vierte industrielle Revolution zum Wohle der Beschäftigten mit zu gestalten. (mit Material der dpa) / (anw)