Microsoft-Tochter geht unter die Chip-Entwickler

Die Microsoft-Tochterfirma WebTV entwickelt zurzeit einen eigenen Prozessor. Der "Solo2" soll von Toshiba produziert und in Set-Top-Boxen fĂĽr den kommenden Fernsehservice namens Ultimate TV eingebaut werden.

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Die Microsoft-Tochterfirma WebTV entwickelt zurzeit einen eigenen Prozessor. Der "Solo2" soll von Toshiba produziert und in neue, für Herbst geplante Set-Top-Boxen für den kommenden Fernsehservice namens Ultimate TV eingebaut werden. Ein 50-köpfiges Entwicklungsteam werkelt nach Angaben von WebTV zurzeit an dem Solo2-Prozessor. Man habe sich zu der Eigenentwicklung entschlossen, weil dies mit weniger als 20 Millionen US-Dollar eine vergleichsweise günstige Lösung sei. Es gebe zurzeit keinen passenden Chip auf dem Markt, der die geplanten Spezifikationen von Ultimate TV einhalten könne. Der nach dem Hund des WebTV-Firmengründers benannte Prozessor mit seinen 2,2 Millionen Transistoren soll sich für unter 10 US-Dollar fertigen lassen und sei damit um rund die Hälfte billiger als Chips mit annähernd vergleichbarer Leistung.

WebTV hatte schon vor der Ăśbernahme durch Microsoft einmal einen eigenen Chip entwickelt; zurzeit arbeitet man aber bei den Set-Top-Boxen mit anderen Anbietern zusammen. Auch das Solo2-Design soll an Fremdfirmen lizenziert werden.

Microsoft hat die 1995 entstandene Firma WebTV 1997 gekauft. Obwohl interaktives Digitalfernsehen als eine der wichtigsten Zukunftsanwendungen gilt, hat der Dienst bislang erst rund 1,1 Millionen Abonnenten. WebTV überträgt digitale Fernsehinhalte per Kabel oder Satellit, die Steuerung der Inhalte erfolgt von der Settop-Box per Modem. Ein Internetzugang ist im WebTV-Abo enthalten, lokale Telefongespräche sind in den USA meist kostenlos. Die monatlichen Kosten für das Basispaket liegen bei 24 US-Dollar, passende Settop-Boxen kosten rund 200 US-Dollar. Für Geräte mit erweiterten Funktionen, etwa zur Video-Aufzeichnung auf einer Festplatte, muss man rund 400 US-Dollar anlegen.

WebTV hofft offenbar, die Attraktivität des Digitalprogramms durch mehr Funktionen im Vergleich zum analogen Programm steigern zu können. Ultimate TV ermöglicht es, zwei Digitalkanäle gleichzeitig auf einer Festplatte aufzuzeichnen. Aus den maximal 30 Stunden Video kann man sich dann sein persönliches Programm zusammenstellen. Als Beispiel für interaktive Inhalte nennt WebTV bisher nicht viel mehr als Fernsehshows. Vor knapp zwei Jahren war WebTV in die Schlagzeilen geraten, weil man Benutzerdaten zu Werbezwecken analysierte. Wiederholt wurden auch Sicherheitsprobleme bekannt. Erst kürzlich hatte es personelle Veränderungen an der Spitze der Microsoft-Tochterfirma gegeben. Analysten sprechen von Konsequenzen, die wegen ständiger Verzögerungen bei der Einführung neuer Digital-TV-Produkte gezogen wurden. Microsoft hat besonders im letzten Jahr massiv in Kabelnetze investiert und erhält bei WebTV unter anderem Konkurrenz von AOL/Time Warner. (ciw)