Discounter-Wettstreit mit 1000-Euro-PCs
Die Handelsketten Aldi und Lidl beziehungsweise deren Lieferanten Medion und Targa liefern sich ab Mittwoch wieder einen PC-Preiskampf.
Die Handelsketten Aldi und Lidl beziehungsweise deren Lieferanten Medion und Targa liefern sich ab Mittwoch wieder einen PC-Preiskampf. Es treten an: Der Medion Titanium MD 8386 mit Intels Pentium 4 640 bei Aldi und der Targa Visionary Ultra AN 64 3400+ D mit einem AMD Athlon 64 "3400+" bei Lidl.
Spannend ist das Rennen schon vor dem Start, denn während im seit Samstag als Massenwurfsendung verteilten Aldi-Werbe-Prospekt noch ein Preis von 999 Euro genannt wurde, melden die Webseite Aldi-Sued.de und Aldi-Essen.de heute schon 40 Euro weniger. Lidl hat darauf später dann reagiert und senkte den Preis auf 949 Euro.
Wie seit Jahren üblich, versuchen sich die Konkurrenten vor allem mit fetten Ausstattungspaketen gegenseitig zu übertrumpfen. Medion steckt beispielsweise außer 1 GByte RAM noch WLAN- und Bluetooth-Adapter sowie laut Prospekt auch eine TV-Kombi-Karte ins System, die digitale Fernsehprogramme von Satellitenschüsseln (DVB-S) und gewöhnlichen Antennen (DVB-T) ebenso verarbeitet wie Analog-TV und Stereo-Radiosignale; DVB-T und DVB-S sollen sogar gleichzeitig funktionieren. Dem Targa-Gerät fehlt die DVB-S-Funktion, sonst kann es fast dasselbe. Bluetooth- und WLAN-Adapter sind hier als USB-Sticks ausgeführt, zusätzlich sollen ein 128-MByte-USB-2.0-Speicherstäbchen und eine Webcam im Karton liegen.
Die Aldi-Webseiten erwähnen noch einen Gutschein, den das Werbe-Faltblatt nicht beschreibt: Wer diesen einschickt, soll noch einen 256-MByte-Speicher-Stick, eine USB-Webcam, 1 SCART-Kabel und ein paar Lautsprecher erhalten. Headsets (Mikrofon-Kopfhörer-Kombination für Internet-Chat und Voice-over-IP-Dienste) sowie kabellose Tastaturen und optische Mäuse (bei Targa mit USB-Ladefunktion) sind bei beiden Rechnern dabei, ebenso wie Fernbedienungen für die TV-Funktionen. Offenbar nutzen aber diese drahtlosen Geräte nicht die vorhandenen Bluetooth-Bausteine, sondern jeweils eigene Adapter.
Interessant ist die Wahl der Prozessoren: Aldi greift zum allerneuesten Intel-Typ aus der Pentium-4-6xx-Familie mit 2 MByte L2-Cache, der außerdem 64-Bit-Erweiterungen und die Stromspartechnik EIST mitbringt. Bei Aldis letztem Angebot kam ein 3,4-GHz-Prozessor mit Prescott-B-Kennlinie zum Einsatz, dessen enormer Leistungsbedarf unter Volllast zu sehr lauten Lüftergeräuschen führte. Dem jetzt verwendeten Pentium 4 640 mit 3,2 GHz genügt die A-Kennlinie (84 Watt Thermal Design Power), zusätzlich will Medion mit einem verbesserten Heatpipe-Kühler die Lärmentwicklung positiv beeinflussen.
Dennoch ist zu erwarten, dass der Targa Visionary AN 64 3400+ leiser arbeitet, denn erfahrungsgemäß zieht der Athlon 64 bei vergleichbarer Rechenleistung sehr viel weniger Strom. Dank EIST und C1E beim Medion-PC dürften sich bestenfalls Energiebedarf und Lärmeigenschaften der beiden Rechner im unbelasteten Zustand aneinander angleichen. Targa setzt außerdem eine passiv gekühlte Grafikkarte ein, dabei soll es sich um ein Gigabyte-Modell mit GeForce-6645-Chip handeln -- wahrscheinlich eine spezielle Version eines Nvidia GeForce 6600 mit 128 MByte Speicher und PCI-Express-Anschluss. Medion spricht von einem ATI Radeon X740 XL, möglicherweise versteckt sich dahinter ein Radeon X700 mit der normalen Chip-Taktfrequenz (425 MHz), aber leicht erhöhtem Speicher-Takt (450 MHz) für die GDDR3-Chips.
Laut Targa kommt als Mainboard eine OEM-Version des Gigabyte GA-KA8-NF-9 mit dem nForce4-Chipsatz (ohne SLI) für Sockel-939-Prozessoren zum Einsatz. Der als Athlon 64 3400+ bezeichnete Prozessor entspricht mit 2,2 GHz Taktfrequenz und 512 KByte L2-Cache eigentlich der 3500+-Version. Nach Targa-Auskunft handelt es sich bei diesem Prozessor, der in den AMD-Datenblättern so nicht existiert, um ein (wohl preiswerteres) Spezial-Modell mit langsamerem HyperTransport-Link (HT800 statt HT1000), was in der Praxis belanglos sein dürfte.
Beide Rechner sind mit flotten (7200 min-1) 300-GByte-SATA-Festplatten ausgestattet (Medion: 8 MByte Cache, Targa: 16 MByte Cache) und besitzen zwei optische Laufwerke, jeweils ein 16X-DVD-ROM/CD-ROM-Laufwerk (Medion: LG, Targa: Toshiba) und einen Dual-Layer-tauglichen 16X-DVD-Brenner (Medion: Pioneer, Targa: Toshiba), USB-2.0- und FireWire-Ports auf Vorder- und Rückseite, 7.1-Surround-Sound (Medion: HD Audio, Targa: AC97) mit SPDIF-Aus- und Eingängen (Medion: jeweils optisch und koaxial, Targa nur koaxial) sowie frontseitige Kartenlesegeräte, die unter anderem auch SmartCards (Geldkarte, HBCI-Karte) lesen können sollen. Der Medion-Rechner hat die bereits gewohnte SCART-Buchse, dieser Targa-Rechner hat jetzt -- wie bei Medion schon lange üblich -- eine frontseitige Eingangsbuchse für Analog-Video (S-Video, Composite). Eine Besonderheit des Targa-Rechners ist ein FireWire-FW800-Adapter (IEEE 1394B), außerdem ist der Netzwerkanschluss GBit-LAN-tauglich (bei Medion: 100 MBit). Beide PCs enthalten auch noch ein analoges Modem und kommen mit 36 Monaten Garantie und Vor-Ort-Service.
Die Software-Beilagen sind bei beiden Angeboten sehr umfangreich, als Betriebssystem kommt jeweils Microsoft Windows XP Home (OEM) Edition mit Service Pack 2 zum Einsatz. Obwohl beide Systeme 64-Bit-taugliche Prozessoren enthalten und Microsoft die x64-Version von Windows XP Professional bald offiziell vorstellen will, wird die Unterstützung dieses Betriebssystems weder explizit erwähnt, noch liegen beispielsweise Update-Gutscheine bei.
FĂĽr die TV- und DVD-Video-Wiedergabe kommen OEM-Versionen der CyberLink-Programmpakete PowerCinema, PowerDVD und PowerDirector zum Einsatz, Office-Programme bringt jeweils die Microsoft Works Suite 2005 mit, dazu kommt noch Nero Burning ROM beziehungsweise die OEM-Suite.
Die beiden aktuellen 1000-Euro-PC-Angebote markieren -- auch im Vergleich zu den traditionellen Weihnachts-Angeboten-- wieder einmal ein neues Niveau an Ausstattung und Funktionsfülle sowie interessante Trends. Drei Funktechniken in einem PC, 1 GByte RAM und 300-GByte-Laufwerke, dazu bei Targa noch FireWire 800 und GBit-LAN stufen die Marketing-Abteilungen von Aldi, Lidl, Medion und Targa offenbar als wichtiger ein als einen besonders schnellen Prozessor -- einen Athlon 64 3400+ gibt es bereits seit einem Jahr, ebenso wie einen Pentium 4 mit 3,4 GHz, der in etwa die Leistung des 3,2-GHz-Type mit größerem Cache erreichen dürfte. Damit sind die Werbeprospekte also schon "jenseits der Gigahertz" angekommen, wichtiger ist die Ausstattungsfülle.
Um diese möglichst preiswert bereitstellen zu können, kommen zunehmend spezielle Hardware-Bauteile zum Einsatz, die im Einzelhandel nicht auftauchen: Medion hat beispielsweise die speziellen TV-Tuner-Karten, die sowohl den Einbau der SCART-Buchsen als auch den frontseitigen Analog-Video-Eingang ermöglichen, schon lange im Einsatz. Zusätzlich sitzt darauf auch das Modem. Die Spezial-Grafikkarten verwendet Medion ebenfalls schon seir einiger Zeit. OEM-Mainboards mit abgespecktem Funktionsumfang und speziellem BIOS sind seit Jahren bei Komplettrechnern üblich. Diese Systeme lassen sich -- ähnlich wie Notebooks und anders als Geräte, die man aus Standard-Komponenten zusammenbaut -- nicht mehr ohne weiteres Auf- oder Umrüsten. Damit büßen typische Heimrechner zugunsten günstiger Preise Flexibilität ein und wandeln sich allmählich zum "gewöhnlichen" Elektronik-Gerät mit zahlreichen, aber externen Erweiterungsmöglichkeiten.
Während aber die Prospekte der beiden Konkurrenten in aller Ausführlichkeit sämtliche Ausstattungsdetails anpreisen, erfährt man über den genauen Energiebedarf oder die konkrete Lautstärke der Systeme nichts.
Sowohl Aldi als auch Lidl wollen ab Mittwoch auch noch einiges Zubehör verkaufen, darunter LC-Flachdisplays (17 Zoll: jeweils 199 Euro, bei Aldi auch ein 19-Zoll-Display mit DVI-D-Eingang für 299 Euro), interne (Lidl) und externe (Aldi) 250-GByte-Festplatten (129/139 Euro), Funktastaturen/Mäuse (20/23 Euro), Aldi auch Scanner, Drucker sowie Lautsprecher und Lidl eine 256-MByte-SD-Karte und ein Bluetooth-Headset für jeweils 30 Euro sowie ein USB-Speicherkartenlesegerät für 10 Euro. (ciw)