Studie zur Klimaerwärmung: US-Parlamentarier setzt Forscher unter Druck

Ein US-Abgeordneter geht gegen Forscher vor, die ermittelt haben, dass sich die Klimaerwärmung wohl beschleunigt. Er fordert unter Strafandrohung die Herausgabe vertraulicher Dokumente, um Fehlverhalten zu belegen. Die Wissenschaftsgemeinde wehrt sich.

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Studie zur Klimaerwärmung: US-Kongress setzt Forscher unter Druck

Der Sitz des US-Parlaments

(Bild: Javier Losa, CC BY 2.0)

Lesezeit: 3 Min.

In den USA protestieren Wissenschaftler scharf gegen Versuche aus dem Parlament, Zugang zu internen Dokumenten über eine Klimastudie zu erzwingen. Wie die Washington Post berichtete, unterstellt der Vorsitzende des Wissenschaftsausschusses im Repräsentantenhaus Lamar Smith (Republikaner) der Nationalen Ozean- und Atmosphärenbehörde (NOAA), eine Studie zur Klimaerwärmung übereilt veröffentlicht zu haben. Dafür gebe es Hinweise eines Whistleblowers. Um die Ausarbeitung der Studie zu beleuchten, müssten deswegen interne E-Mails herausgegeben werde. Sollte das nicht geschehen, wolle er das von der zuständigen Handelsministerin Penny Pritzker unter Strafandrohung (per Subpoena) erzwingen.

Dagegen protestierten nun acht einflussreiche US-Wissenschaftsorganisationen, angeführt von der American Association for the Advancement of Science. Sie allein vertritt Hunderte wissenschaftliche Vereinigungen und gibt das Magazin Science heraus. Die Akademien sprechen in einem offenen Brief von "schweren Bedenken" darüber, dass wissenschaftliches Fehlverhalten unterstellt werde, ohne dass Beweise vorgelegt würden. Wissenschaft sei ein sich selbst korrigierender Prozess und Studien würden auch veröffentlicht, um Forschern die Möglichkeit zu geben, sie zu bestätigen oder widerlegen. Uneinigkeit sei ein wichtiger Teil davon, aber Wissenschaftler sollte kein Betrug vorgeworfen werden, nur weil ihre Forschung "politisch kontrovers erscheinende" Ergebnisse liefere. Einzelne Studien anzugreifen und die Integrität der Forscher anzuzweifeln, könne als Einschüchterungsversuch gewertet werden und andere Wissenschaftler abschrecken, meint die American Meteorological Society.

Hintergrund der Debatte ist eine im Juni im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlichte Studie zum Klimawandel, erläutert die Washington Post. Darin hatten Wissenschaftler eine Theorie entkräftet, derzufolge sich die globale Klimaerwärmung nach 1998 abgeschwächt hatte. Die Auswertung vieler Klimadaten hatten diesen Befund entkräftet und stattdessen nahegelegt, dass sich das Klima seit dem Jahr 2000 sogar schneller erwärmt, als in den Jahrzehnten zuvor (im Zeitraum von 2000 bis 2014 um 0,116 Grad Celsius pro Jahrzehnt, nach 0,113 Grad Celsius zwischen 1950 und 1999). Diese Ergebnisse waren umgehend von Personen angegriffen worden, die die Klimaerwärmung leugnen und die "Pause" nach 1998 als Beweis dafür angeführt hatten.

Lamar Smith behauptet nun, Whistleblower hätten neue Informationen vorgelegt, denen zufolge die Publikation der Studie überhastet erfolgt sei. Sie habe rechtzeitig erscheinen sollen, um eine neue Klimainitiative von Präsident Barack Obama vorzubereiten. Dem widerspricht die NOAA entschieden, schreibt die US-Zeitung. NOAA-Sprecher Ciaran Clayton erklärte demnach, die Studie sei Science im Dezember 2014 vorgelegt worden. Dann habe es eine zwei Runden dauernde Peer Review ("Kreuzgutachten") gegeben, bevor das Ergebnis veröffentlicht wurde. Die Anzahl der Gutachter sei dabei höher gewesen, als normalerweise und habe auch deutlich länger gedauert, ließ Science wissen.

Die NOAA reagierte auch selbst auf die Drohungen aus dem Parlament. Viele der Dokumente zu der Studie seien öffentlich verfügbar, interne Diskussionen seien aber vertraulich. Direktorin Kathryn Sullivan schrieb an Smith, sie habe und werde niemandem erlauben, die Wissenschaft zu manipulieren oder ihre Forscher zu etwas zu zwingen. Sie habe keine wie auch immer geartete "politisch korrekte Agenda" und sei stolz für Barack Obama zu arbeiten, genauso wie sie es bereits für die Präsidenten Reagan, Bush, Clinton und Bush getan habe. "Wenn der Ausschuss die Integrität der Studie anzweifelt, hat er die Werkzeuge, selbst eine widersprechende wissenschaftliche Studie in Auftrag zu geben". (mho)