Riester will Surfen am Arbeitsplatz erlauben
Bundesarbeitsminister Walter Riester will Arbeitnehmern grundsätzlich das Recht geben, an ihrem Arbeitsplatz im Internet zu surfen und private E-Mails zu verschicken.
Bundesarbeitsminister Walter Riester will Arbeitnehmern grundsätzlich das Recht geben, an ihrem Arbeitsplatz im Internet zu surfen und private E-Mails zu verschicken. Dies geht aus dem Papier zu einem neuen "Arbeitnehmer-Datenschutzgesetz" hervor, das dem Handelsblatt vorliegt und dessen Inhalte von seinem Autor, Referatsleiter Hans Peter Vietheu, als erste Vorüberlegungen charakterisiert werden. Durch "Einzelvereinbarung oder Tarifvertrag" kann dieses Recht allerdings eingeschränkt werden, beispielsweise "auf eine bestimmte Kostengrenze, auf Eil- und Notfälle oder auf die Zeit nach Feierabend". Die durch den privaten Gebrauch entstehenden Kosten kann der Arbeitgeber, so der Entwurf, dem Arbeitnehmer in Rechnung stellen.
Das Gesetz, das noch in diesem Jahr verabschiedet werden soll, hält gleichzeitig fest, dass die Arbeitgeber nicht die Inhalte privater E-Mails lesen oder überwachen dürfen, welche Webseiten von den Arbeitnehmern aufgerufen werden. Klar gestelllt soll werden, dass Inhaltskontrollen als Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses strafrechtlich verfolgt werden können, sofern nicht ein "schwerwiegender Verdacht auf missbräuchliche Nutzung" seitens des Arbeitnehmers vorliege. Zudem soll das Surfverhalten der Arbeitnehmer ausgewertet werden dürfen, soweit es sich nicht auf einzelne Arbeitnehmer bezieht – dies dürfte allerdings bei kleineren Unternehmen mit wenigen Mitarbeitern direkte Rückschlüsse erlauben. Schließlich sollen Arbeitgeber Filter zum Sperren bestimmter Webseiten verwenden dürfen und der Arbeitnehmer sei überdies auch bei privater Nutzung zum "betriebsfreundlichen Umgang" mit dem Internet verpflichtet – was das auch immer heißen mag.
Die in der c't 17/2000 diskutierte Frage nach einer "Surf-Steuer" für privates Internet-Surfen am Arbeitsplatz wird diese Neuregelung nicht beantworten. Immerhin hatten sich Anfang August aber schon Vertreter des Finanministeriums gegen Steuern auf das private Surfen am Arbeitsplatz ausgesprochen. Die Vorlage aus dem Arbeitsministerium soll dagegen in arbeitsrechtlicher Hinsicht für Klarheit sorgen. Nach allgemeinen Grundsätzen sind private Tätigkeiten am Arbeitsplatz nicht ohne weiteres möglich. Da es dem Arbeitnehmer in dieser Zeit nicht möglich ist, seinen Arbeitspflichten nachzugehen, kann der Arbeitgeber kraft seines Direktionsrechts (Weisungsrechts) sogar ein generelles Verbot aussprechen. Einschlägige Gerichtsentscheidungen speziell zu der Frage des privaten Internet-Surfens am Arbeitsplatz wurden bislang – soweit ersichtlich – nicht veröffentlicht. Eine richterliche Beurteilung würde aber wohl in Anlehnung an die bestehende Rechtsprechung zum privaten Telefonieren erfolgen. Danach darf der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz nicht in ausschweifendem Maße telefonieren, selbst wenn das Telefonieren grundsätzlich erlaubt ist oder zumindest stillschweigend geduldet wird, da dies einen Verstoß gegen die vertragliche Treuepflicht darstelle.
Der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) erklärte gegenüber dem Handelsblatt, dass sie keinen Grund für eine gesetzliche Regelung des Zugang zum Internet oder die Nutzung betrieblicher E-Mail-Systeme für private Zwecke sehe. Dies könne jeder Arbeitgeber mit seinen Beschäftigten selbst regeln. Schon im August erklärte der BDA zu einer Untersuchung, nach der privates Surfen am Arbeitsplatz deutsche Unternehmen schätzungsweise 104 Milliarden DM im Jahr koste, dass es zur Zeit kein Problem gebe.
Mehr in Telepolis: Private Internetnutzung am Arbeitsplatz soll erlaubt werden . (fr)