Bertelsmann macht Musik mobil

Bertelsmann will als Wiederverkäufer in den Mobilfunkmarkt einsteigen und Multimedia-Dienste via UMTS anbieten; der Konzern denkt zudem über eine Monatsgebühr von 10 US-Dollar für Napster nach.

vorlesen Druckansicht 9 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Christian Rabanus

Schon im Frühjahr hatte Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff die Geschäftsstrategie seines Konzern auf den Punkt gebracht: Bertelsmanns Inhalte überall. Middelhoffs Vorzeige-Internetter Andreas Schmidt, Chef der Bertelsmann E-Commerce Group (BeCG), der schon mit dem Deal über die strategischen Partnerschaft mit der Musik-Tauschbörse Napster für Aufsehen sorgte, macht nun ernst mit dieser Strategie: Bertelsmann will Mobilfunkreseller werden.

"Wir werden uns nicht mit der Rolle des Betreibers eines Mobilfunk-Portals begnügen, sondern denken intensiv über einen Einstieg in den UMTS-Markt als so genannter virtueller Netzbetreiber nach", sagte Schmidt der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Man führe mit allen deutschen Netzbetreibern mit der Ausnahme von D2-Mannesmann Gespräche über eine Kooperation – Vodafone, die Muttergesellschaft von D2-Mannesmann, bastelt mit dem französischen Mischkonzern Vivendi und seiner neuen Tochter Universal schon selbst an einem Mobilfunk-Portal der Zukunft. Allerdings werde Bertelsmann nicht als Netzbetreiber auftreten, betonte Gerd Koslowski, Sprecher der neu gegründeten Direct Group, zu der auch Schmidts E-Commerce Group gehört.

Schmidt setzt dabei vor allem auf die Not der Netzbetreiber, die immensen Investitionen für die UMTS-Technik wieder einzuspielen. Allein mit Sprachtelefonie und Datentransfer werden die Telekommunikationsgesellschaften keine großen Gewinne erwirtschaften können. Viel mehr versprechen sie sich von der Distribution attraktiver Inhalte über ihre Netze. Da sieht Schmidt die Chance Bertelsmanns.

Dazu passt auch die Kooperation mit Napster. Musik – und in Zukunft auch Videos – werden als die Inhalte gehandelt, für die man die zumindest prinzipiell sehr leistungsfähigen Übertragungstechnik nach UMTS-Standard schaffen will. Speziell Tauschbörsen wie Napster gehört Schmidts Meinung nach dabei die Zukunft.

Konkrete Angaben über das Geschäftsmodell, das Bertelsmann zusammen mit Napster entwickeln will, machte der BeCG-Chef noch nicht, er sagte allerdings im Gespräch mit der FAZ, dass man zur Einführung eines pauschalen Mitgliedsbeitrag tendiere, mit dem dann die Ansprüche von Künstlern und Rechteinhabern befriedigt werden könnten. Schmidt ließ durchblicken, dass dieser Pauschalbetrag bei etwa zehn US-Dollar monatlich liegen könnte. Eine Gefahr für die Musik-Konzerne sieht er darin nicht: "Langfristig werden die Erlöse der Musikindustrie steigen, da die Vertriebsmöglichkeiten über das Internet und den Mobilfunk ständig steigen. Allerdings werden sich die Erlösmodelle ändern", sagte Schmidt dem Blatt.

Die Entscheidung, mit welchem Netzbetreiber man zusammenarbeiten werde, sei zu Beginn des nächsten Jahres zu erwarten. Bleibt für Bertelsmann zu hoffen, dass dann die Übertragung von Mulitmediadateien über UMTS-Netze wirklich funktioniert – der japanische Mobilfunkriese NTT DoCoMo, derzeit Weltspitze in Sachen UMTS, hatte kürzlich Bedenken angemeldet: Das zur Verfügung stehende Frequenzspektrum reiche für die intensive Nutzung des Mobilfunk zur Übertragung von Multimediadaten nicht aus. (chr)