Tim Cook zu den Apple-Quartalszahlen: Weiterhin kein Billig-iPhone

Der Apple-Chef hat sich im Gespräch mit Analysten zur künftigen Geschäftsstrategie geäußert, da das geringe Wachstum beim iPhone der Börse Sorge bereitet. Auch zum für Cupertino zunehmend bedeutenden Wachstumsmarkt China nannte er Details.

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Tim Cook

Apple-Boss Cook.

(Bild: dpa, Christoph Dernbach/Archivbild)

Lesezeit: 5 Min.
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Die Frage dürfte für Apple-Chef Tim Cook langsam langweilig werden – doch trotzdem kam sie auch bei der gestrigen Telefonkonferenz mit Analysten zu den aktuellen Rekordquartalszahlen wieder vor. Wird Apple ein Billig-iPhone bauen? Nein, ein solches Gerät plant der Konzern nicht, machte Cook deutlich.

Er insistierte, dass er der bisherigen Strategie treu bleiben will, auch wenn die Verkäufe des Smartphones aktuell nur noch sehr zaghaft wachsen. Die Sichtweise des Apple-Chefs: Es tobt ein weltweiter ökonomischer Sturm, der irgendwann vorbeizieht. Und in Ländern wie China oder Indien entstehe gerade eine riesige Mittelschicht mit potenziellen neuen Kunden für Apple-Geräte.

Seit das iPhone 2007 auf den Markt kam, verkaufte Apple in jedem Vierteljahr mehr Geräte als im Vorjahresquartal. Im vergangenen Weihnachtsgeschäft gelang das gerade eben noch mit einem Plus von gut 300.000 Geräten auf den Bestwert von 74,8 Millionen iPhones. Doch schon im laufenden Quartal wird es erstmals anders sein: "Der iPhone-Absatz wird zurückgehen", räumte Cook in der Telefonkonferenz nach Vorlage aktueller Zahlen ein.

Das iPhone ist Apples Geldmaschine, das mit Abstand wichtigste Produkt, das im vergangenen Quartal 68 Prozent des Geschäfts ausmachte. Stagnieren die iPhone-Verkäufe, bewegt sich auch der gesamte Apple-Umsatz kaum. Andere Produktlinien wie die Computer-Uhr Apple Watch oder die Fernseh-Box Apple TV konnten bisher nicht für Wachstumssprünge sorgen – auch wenn beide Segmente im Weihnachtsquartal laut Apple Rekordverkäufe erzielten (Zahlen nennt Apple hier nicht). Das Tablet-Geschäft schrumpfte zuletzt wieder um ein Fünftel, trotz des Starts des größeren und teureren iPad Pro.

Das iPhone bleibt also das Rückgrat des Apple-Geschäfts und Cook muss die richtige Antwort auf eine entscheidende Frage finden: Sind inzwischen die Grenzen des Marktes für teure Smartphones erreicht? Schließlich kommt das Wachstum des Geschäfts vor allem aus Schwellen- und Entwicklungsländern und dort sind überwiegend günstige Geräte gefragt. Cook ist diametral anderer Meinung. Noch im Jahr 2010 hätten in China weniger als 50 Millionen Menschen zur Mittelschicht gehört, "2020 wird es eine halbe Milliarde sein", rechnete der Apple-Chef vor. "Das ist eine große Gelegenheit für uns." In Indien sei der iPhone-Absatz im vergangenen Quartal um 76 Prozent hochgesprungen.

Auch in Russland oder Brasilien, wo die niedrigen Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt der Bevölkerung Kaufkraft entziehen, werde sich die Lage auf lange Sicht wieder bessern, zeigte sich Cook überzeugt. "Wir ziehen uns dort nicht zurück."

Außerdem sei man bei Apple "überwältigt" gewesen von der Zahl wechselwilliger Nutzer des konkurrierenden Google-Betriebssystems Android, erklärte Cook wieder einmal ohne konkrete Zahlen. Und betonte, dass unter den weltweiten iPhone-Nutzern 60 Prozent noch immer ältere Geräte aus der Zeit vor den größeren 6er-Modellen hätten – also es die Aussicht auf ein großes Austausch-Geschäft gebe.

Cooks Botschaft an die Börsianer, die die Aktie in den vergangenen sechs Monaten angesichts der Wachstumssorgen um ein Fünftel fallen ließen: Apple denkt langfristig und wird sich auch durch schwächere Quartale nicht davon abbringen lassen. Cooks Position stützt, dass der durchschnittliche Verkaufspreis eines iPhones nicht nachgibt und zuletzt leicht auf 691 Dollar stieg. Branchenweit kostet ein Smartphone nach Schätzungen von Marktforschern im Schnitt etwas über 200 Dollar. Der Unterschied erklärt Apples riesige Profite.

Von Geldsorgen ist Apple damit so weit entfernt wie kaum ein anderes Unternehmen: Der Konzern sitzt auf einem Polster von 216 Milliarden Dollar. Und jedes Quartal kommen neue Milliarden hinzu. Allein die 18,4 Milliarden Dollar Gewinn im vergangenen Quartal waren wieder ein Weltrekord. Die Börse will trotzdem neue Erlösquellen neben dem iPhone sehen. Finanzchef Luca Maestri lenkte in dieser Situation die Aufmerksamkeit auf das wachsende Service-Geschäft unter anderem mit dem Musikdienst Apple Music und dem Bezahlverfahren Apple Pay.

Dazu, wie sich die Apple Watch und das frische Apple TV genau als neue Erlösbringer schlagen, machte der Konzern wie erwähnt weiterhin keine konkreten Angaben. Es blieb bei der Informationen, dass der Umsatz in der Rubrik "Andere Produkte", in der sie mit den iPod-Playern und den zugekauften Beats-Kopfhörern zusammengerührt werden, um 62 Prozent auf 4,35 Milliarden Dollar zulegte.

Die fortlaufenden Gerüchte über Apples Pläne im Autogeschäft spielten in der Telefonkonferenz am Dienstag keine Rolle. Aber Cook äußerte sich ungewöhnlich positiv über die Virtual-Reality-Technologie, bei der man mit speziellen Brillen in virtuelle Welten eintauchen kann. "Ich denke nicht, dass VR in einer Nische spielt. Das ist wirklich cool und hat einige interessante Auswirkungen", sagte der Apple-Chef.

Passend dazu wurde jüngst bekannt, dass Apple nach Firmenzukäufen auch den renommierten VR-Experten Doug Bowman engagierte. (mit Material von dpa) / (bsc)