WorldCom: "Wir sind auch zu haben..."
WorldCom bringt sich selbst als Ăśbernahmekandidat fĂĽr die Deutsche Telekom ins Spiel.
Es hört sich fast ein bischen so an, als ob WorldCom, die zweitgrößte US-Telefongesellschaft, nach der gescheiterten Fusion mit Sprint keine Lust mehr auf ein eigenständiges Agieren hat – das jedenfalls lassen Bemerkungen vermuten, die WorldCom-Chef Bernard Ebbers kürzlich verlauten ließ. Die Deutsche Telekom sollte seinen Konzern nicht übersehen, sagte er einem Bericht des Wall Street Journals zufolge am Dienstag auf der Jahresversammlung der Wireless Communication Association International (WAC). Das Blatt zitiert Ebbers weiter: "Ich wüßte keinen Grund, warum die Deutsche Telekom nicht mit dem besten Unternehmen in den USA sprechen sollte."
WorldCom ist damit das erste Unternehmen, das sich in aller Öffentlichkeit als Übernahmekandidat präsentiert. Freilich geschieht dies aus einer Situation der Stärke heraus: Zwar hat der Konzern mit dem Manko zu kämpfen, kein eigene Mobilfunknetz zu haben, aber sonst ist er durchaus groß und erfolgreich genug, um auch allein auf dem internationalen Markt bestehen zu können. Mit einer Marktkapitalisierung von 124 Milliarden US-Dollar gibt es auch nicht viele Unternehmen auf der Welt, die sich WorldCom einverleiben könnten; die Deutsche Telekom allerdings könnte es. Sie bringt es momentan auf eine Marktkapitalisierung von 165 Milliarden US-Dollar.
Die anderen US-Gesellschaften, die Übernahmekandidaten für die Deutsche Telekom wären, sind allesamt sehr viel billiger als WorldCom. Sprint ist an der Börse 93 Milliarden US-Dollar wert, Qwest knapp 40 Milliarden US-Dollar. VoiceStream gut 31 Milliarden US-Dollar. Sogar AT&T, die größte US-Telefongesellschaft, bringt es derzeit nur auf rund 102 Milliarden US-Dollar Marktkapitalisierung. Die Deutsche Telekom könnte also durchaus ein erfolgversprechendes Angebot für jeden dieser Konzerne abgeben, sie könnte sogar von den kleineren zwei kaufen. VoiceStream ist beispielsweise eine reine Mobilfunkgesellschaft. Zwar ist das Mobilfunkgeschäft für die Expansionspläne des rosa Riesen sehr wichtig, genauso wichtig ist Telekom-Chef Ron Sommer aber eine leistungsfähige Internet-Infrastruktur. WorldCom mit seiner Internet-Tochter UUNet, einem der weltgrößten Provider, wäre da genau richtig.
Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass ein solcher Übernahmeversuch nicht auf den Widerstand der US-Politiker stoßen würde, die sich schon vehement gegen eine Übernahme Sprints durch die Deutsche Telekom gewehrt hatten. Eine Realisierung der Überseeträume Sommers könnte also durch die hohe Staatsbeteiligung bei der Deutschen Telekom ernsthaft gefährdet sein. Aus der Zentrale der Telekom war zu allen Fusionsüberlegungen wieder einmal nur die Auskunft zu erhalten, dass man sich an Spekulationen nicht beteilige. (chr)