Im Social Web gegen die Terrormiliz IS: Gegenrede statt Löschen

Politiker fordern, Propaganda von Terrororganisationen wie dem IS im Netz zu löschen. Sinnlos, sagt Zahed Amanullah vom Institute for Strategic Dialogue in London und verwendet das Datenwissen von Google und Facebook gegen den Radikalismus.

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Im Social Web gegen den IS: "Löschen trifft die Falschen"

(Bild: University of Salford Press Office / cc-by-2.0)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Eva Wolfangel

Während in Deutschland Facebook die Prüfung von ausländer- und islamfeindlichen Hasskommentaren auf seiner Plattform beginnt, richtet sich die Arbeit von Zahed Amanullah vielmehr gegen eine andere extremistische Gruppe. Am Institute for Strategic Dialogue (ISD) in London versucht er, Terrororganisationen wie dem IS Einhalt zu gebieten. Er setzt dabei auf die Funktionen von sozialen Plattformen sowie das Datenwissen der Betreiber. "Das automatische Löschen trifft häufig die Falschen", sagt Amanullah im Interview in der neuen Ausgabe der Technology Review (im heise shop bestellbar und ab sofort im Handel erhältlich).

Zahed Amanullah will vielmehr die Gegenrede im Netz einsetzen, um Inhalte gegen die Radikalisierung zu pushen.

(Bild: NATO Public Diplomacy Forum-Team )

Amanullah arbeitet seit vielen Jahren in muslimischen Graswurzel-Netzwerken in den USA sowie Großbritannien und ist unter anderem der Vorsitzende des Concordia Forum, einer Vereinigung von Führungskräften mit muslimischem Hintergrund. Er sieht vor allem in der Gegenrede eine Möglichkeit, Nutzer vor einer Radikalisierung zu bewahren. Dafür nutzt das ISD die Unterstützung von Google, Facebook, YouTube und Twitter. Mithilfe von Google etwa lassen sich die Suchbegriffe von Nutzern tracken. So kann das Londoner Institut jene identifizieren, die am Beginn einer Radikalisierung standen. Das Prinzip sei dann laut Amanullah ähnlich wie das im Kommerziellen mit Werbung, Inhalte gegen Radikalisierung würden gepusht. Pilotstudien des ISD fokussierte sich auf junge Männer aus Großbritannien und den USA. "Wenn diese Nutzer dann auf YouTube nach einem Video des IS suchen, weil sie sich fragen, ob sie sich anschließen sollen, bekommen sie auf den vorderen Plätzen Filme gezeigt, die ihnen davon abraten", gibt er ein Beispiel.

Gerade die Authentizität der Videos soll dann Wirkung bei den Nutzern zeigen. Die Videos stammen von Aktivisten, etwa ehemalige IS-Kämpfer. "Wir sorgen dafür, dass solche Filme besser gefunden werden, und wir verpacken sie so, dass sie auf den ersten Blick aussehen wie ein IS-Video", so Amanullah. Es sei nicht viel anders als Suchmaschinenoptimierung.

Bei Facebook konnte Amanullah anfangs auf die Graph-Suche setzen, um Nutzer und deren Interessen zu suchen. Das von Datenschützern heftig kritisierte Tool eignete sich gut für seine Arbeit. Es war für das ISD außerdem möglich (durch Zahlung eines Dollars an Facebook), den Nutzern eine Nachricht zu schicken. Ihnen boten sich dann beispielsweise IS-Aussteiger zum Gespräch an. Dass er bei seiner Arbeit Nutzer ausspähen würde, weist Amanullah zurück. "Wir haben niemandes Privatssphäre verletzt. Alles, was wir tun, ist völlig legal. Im kommerziellen Bereich werden ähnliche Methoden verwendet", so Amanullah. "Wir machen es für eine gute Sache."

Das vollständige Interview lesen Sie in der neuen Ausgabe der Technology Review (im heise shop bestellbar und ab sofort im Handel erhältlich). (jle)