NSA-Ausschuss: Snowden als Gefahr für die Vision des offenen Internets

Der Westen habe mit den Snowden-Enthüllungen das Problem verknüpft, insbesondere gegenüber Russland und China die Erzählung vom offenen Internet aufrechtzuerhalten, hat ein führender deutscher Diplomat erklärt.

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NSA-Ausschuss: Snowden ist gefährlich für die Vision des offenen Internets

(Bild: dpa/heise online)

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Die deutsche Diplomatie war nach den Snowden-Veröffentlichungen damit beschäftigt, "Risse im westlichen Camp zu vermeiden". Dies berichtete der frühere Beauftragte für Cyber-Außenpolitik der Bundesregierung, Dirk Brengelmann, am Donnerstag im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags. Man sei mit den stärksten Partnern besorgt gewesen, dass mit den Enthüllungen über die umfangreiche Netzspionage der NSA und ihrer Verbündeten das "Narrativ des offenen Internets" gegenüber Ländern wie Russland oder China nicht länger aufrechtzuerhalten sei.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Ob die Diplomaten das "angekratzte Image" tatsächlich als problematischer eingeschätzt hätten als die dokumentierte Massenüberwachung, wollten verwunderte Obleute der Linken und Grünen wissen. "Das war der Horizont bei vielen unserer Partner", sagte der Vertreter des Auswärtigen Amtes. Man habe konstatiert, dass sich die westlichen Verbünden stärker bemühen müssten, den Diskurs nicht zu verlieren. Schließlich habe es parallel Initiativen gegeben, etwa durch einen "Verhaltenskodex" das freie Internet möglicherweise tatsächlich zu gefährden.

Die USA seien in diesem Punkt damals "auf Unterstützung" angewiesen gewesen, erläuterte Brengelmann. Im Gegenzug hätten sich Berlin und Brüssel ein verstärktes Entgegenkommen Washingtons beim Datenschutz erhofft. Dabei habe es sich aber nicht um "ein Paket" gehandelt, wies er den Verdacht eines Kuhhandels zurück. Parallel habe man der US-Seite erklärt, dass spätestens Berichte über das Abhören des Handys von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) "in Deutschland wie eine Bombe eingeschlagen" wären.

Trotzdem räumte der Zeuge ein, dass Washington auf einschlägige Fragenkataloge der Bundesregierung "nur sehr zögerlich oder gar nicht" geantwortet habe. Immerhin hätten Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und sein US-Kollege John Kerry im Anschluss den Beginn eines "Transatlantischen Dialogs" verkündet. Damit sollten unter anderem die Snowden-Enthüllungen aufgearbeitet und verlorengegangenes Vertrauen wiederhergestellt werden. In dieser Diskussion sei Deutschland der "proaktive Part" gewesen.

Er selbst habe es als "überraschend" empfunden, dass Merkel überwacht worden sein sollte, gab der Volkswirt zu Protokoll. Er habe keine Meinung dazu entwickelt, ob dies gut oder schlecht hätte sein können. Er habe "gelegentlich", vielleicht fünfmal in der Woche, selbst "Produkte" des Bundesnachrichtendiensts (BND) gelesen. Dabei sei ihm aber nicht aufgefallen, dass die Devise der Kanzlerin: " Ausspähen unter Freunden geht gar nicht" von eigenen Geheimdiensten nicht immer eingehalten worden sei.

Auch in den USA und im europäischen Ausland habe er nie erlebt, dass westliche Verbündete mit dem Finger "auf uns" gezeigt hätten, meinte Brengelmann. Die deutsche Aufregung habe nur "anfangs Verwunderung" hervorgerufen. Bei vielen habe wohl der Eindruck bestanden, das dies doch eigentlich alle machten. Debatten, erst einmal bei den eigenen Diensten aufzuräumen, seien ihm innerhalb des Auswärtigen Amtes und der Bundesregierung nicht bekannt gewesen. Dieses Thema sei erst 2014 aufgekommen. (mho)