Warner und Sony: Wir teilen Streaming-Aktien mit Künstlern

Sollten Warner und Sony ihre Anteile an Streamingdienste wie Spotify verkaufen, wollen sie den Erlös mit ihren Künstlern teilen. Derweil hat Verlust der Happy-Birthday-Einnahmen Warner Millionen gekostet.

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Hand hält Handy mit aktiver Spotify-App

Wenn Spotify an die Börse geht, könnten wir Label Kasse machen.

(Bild: gemeinfrei)

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Um Lizenzen für Musik zu bekommen, müssen Streaming-Dienste wie Spotify nicht nur Tantiemen bezahlen. Die Label verlangen hohe Vorauszahlungen, kostenlose Werbeplätze und Gratisaktien der Firma selbst. Davon profitieren die Label, aber nicht unbedingt die Künstler. Warner Music (WMG) und Sony Music versprechen nun, die Künstler am Erlös aus einem etwaigen Verkauf der Aktien zu beteiligen. Wieviel davon bei den Künstlern ankommt, ist schwer abzuschätzen.

Die WMG-Zentrale in Burbank, Kalifornien

(Bild: star5112 CC-BY-SA 2.0)

Am Donnerstag hat WMG seine Zahlen für das am 31. Dezember zu Ende gegangene erste Quartal des Finanzjahres veröffentlicht. Der Umsatz ist im Jahresabstand um zwei Prozent auf 849 Millionen US-Dollar geklettert, und der Betriebsgewinn ist um 170 Prozent auf 62 Millionen Dollar gesprungen. Das Nettoergebnis wurde von einem Verlust von 41 Millionen in einen Reingewinn von 28 Millionen Dollar gedreht. CEO Stephen Cooper zeigte sich in einer Telefonkonferenz mit Finanzanalysten "sehr zufrieden".

Der gute Geschäftsverlauf ist dem Musikstreaming zu verdanken. "Streaming ist auf einem Kurs, der es zu unserer größten Einnahmequelle machen wird", sagte Cooper. Beispielsweise in den USA oder Deutschland haben sich die Streamingerlöse gegenüber vor einem Jahr praktisch verdoppelt. Jetzt möchte WMG bei den Streaming-Abonnements "auf Turbo schalten". Damit ist offensichtlich mehr Geld zu machen als mit werbefinanzierten Streams.

Cooper betonte, dass WMG seit Oktober 2009 nicht nur die pro Stream eingenommenen Tantiemen mit den Künstlern teile, sondern auch die sogenannte "digital breakage". Das sind Vorauszahlungen der Streaming-Anbieter, deren Zahlungen aufgrund von Mindestumsatzgarantien, deren "nicht erstattungsfähige Zahlungen" sowie deren Zahlungen im Rahmen von Vergleichen in Folge von Buchprüfungen.

Ursprünglich ging es bei "breakage" um die Kosten zerbrochener Tonträger.

(Bild: Ed and Eddie CC-BY-SA 2.0)

Nun kommen auch Barerlöse aus dem Verkauf von Aktien, "für die wir nicht bezahlt haben", hinzu. "Diese Regelung entspringt unserem Wunsch nach einer tiefen und dauerhaften Beziehung mit unseren Künstlern", sagte Cooper. Die eigenen Interessen denen der Künstler anzugleichen sei "nicht nur gut für die Künstler, sondern auch für uns und für die Gesundheit der Musikindustrie." Laut US-Medienberichten hat Mitbewerber Sony Music umgehend angekündigt, ebenfalls etwaige Verkaufserlöse aus Streaming-Aktien zu teilen.

Der Zusatz "(Aktien) für die wir nicht bezahlt haben" bedeutet, dass WMG Erlöse aus Anteilen, die es gekauft hat, nicht mit den Künstlern teilt. Das klingt logisch – es ist aber möglich, dass die Label Aktien zum Discountpreis erworben und dafür geringere Streamingtantiemen akzeptiert haben. So passiert es mit Werbung in den Streams: Seit ein Vertragstext zwischen Sony Music und Spotify durchgesickert ist, ist bekannt, dass die Label Werbeplätze gratis bekommen, und weitere Werbeplätze stark vergünstigt einkaufen können.

Ein Verkaufserlös aus den Aktien ist dann am wahrscheinlichsten, wenn eine Streaming-Firma an die Börse geht. Spotify ventiliert schon länger entsprechende Pläne. Über etwaige Dividenden hat sich Cooper nicht geäußert, und ein Tausch gegen andere Wertpapiere wäre kein Barerlös, also nicht zu teilen.

Auch den Geldwert der kostenlosen Werbeplätze teilt WMG offenbar nicht mit den Künstlern. In Coopers Definition der "digital breakage" kommt Werbung nicht vor. Soweit die Reklame Eigenwerbung ist, profitieren neben WMG aber auch Künstler davon.

Wieviel ein Künstler überhaupt bekommen würde, lässt sich nicht pauschal sagen. Zunächst hängt es von dem jeweiligen Vertrag zwischen Künstler und Label ab, wer wieviel wovon bekommt. Als Faustregel dürften den Sängern und Musikern "in der Umgebung der Hälfte" der entsprechenden Einnahmen zugeordnet werden. Der Rest bleibt beim Label.

Allerdings ist es üblich, bei Vertragsabschluss einen Vorschuss auszuzahlen. Danach bekommen die Sänger und Musiker lange bis ewig nichts mehr. Denn alle Einnahmen werden mit dem Vorschuss gegenverrechnet. Es gilt in der Musikindustrie als offenes Geheimnis, dass die Summe nur selten höher wird als der Vorschuss.

Warner hatte in den USA nie Rechte an Happy Birthday, hat aber jahrzehntelang kassiert.

(Bild: ritchielee CC-BY-SA 2.0 )

In der Telefonkonferenz verriet WMG auch Details zu drei juristischen Vergleichen: Die Niederlage im Streit um das US-Copyright am Text von Happy Birthday kommt die Verlagssparte von WMG teuer. Deren Betriebsgewinn vor Abschreibungen hat in dem Quartal unter dem Wegfall der Happy-Birthday-Einnahmen jedenfalls um mehr als sechs Millionen US-Dollar gelitten. Eine genauere Summe ließ sich das Unternehmen nicht entlocken.

Andererseits konnte das Label WMG durch Vergleiche in zwei Copyright-Verfahren viel mehr einnehmen. Dabei ging es um Tantiemen für Aufnahmen, die vor Einführung des US-Copyright auf "Bundesebene" im Jahr 1972 gemacht wurden. Streaming-Anbieter Pandora verpflichtete sich zur Zahlung von 90 Millionen Dollar.

Und der Satellitenradio-Betreiber Sirius XM willigte ein, 33 Millionen zu zahlen. Davon flossen 24 Millionen in dem Berichtsquartal, der Rest kommt über quartalsweise Zahlungen von jeweils einer Millionen Dollar herein. Diese Einnahmen teilt WMG mit den Sängern und Musikern. (ds)