IBM verschafft sich Standbein in der Biotechnik

Es ist wohl der erste Schritt, den ein EDV-Konzern unternimmt, um sich ein sicheres Standbein in der Biotechnik zu verschaffen: IBM kauft sich bei der Biotech-Firma Structural Bioinformatics ein.

vorlesen Druckansicht 11 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • JĂĽrgen Kuri

Es ist wohl der erste Schritt, den ein EDV-Konzern unternimmt, um sich ein sicheres Standbein in der Biotechnik zu verschaffen: IBM kauft sich bei der Biotech-Firma Structural Bioinformatics ein. Zwar übernimmt Big Blue nach den Aussagen der Beteiligten nur eine kleinen Anteil an dem bislang nicht an der Börse notierten Unternehmen (über die genaue Höhe vereinbarten beide Firmen Stillschweigen), aber für einen klassischen IT-Technik-Konzern scheint diese Investition überraschend zu kommen: Computer- und Gentechnik hatten bislang unter dem Gesichtspunkt finanzieller Beteiligungen und wechselseitiger Partnerschaften wenig Berührungspunkte.

Auf den zweiten Blick ist IBMs Vorgehen dann aber doch nicht so erstaunlich: Structural Bioinformatics ist spezialisiert auf die 3D-Modellierung von Proteinen auf der Basis von DNA-Informationen und -Analysen, die Pharmafirmen zur Entwicklung gentechnisch erzeugter Medikamente nutzen. Die Modelle bietet die Firma den Pharma-Konzernen über eine Datenbank und durch Kooperationen bei der Medikamentenforschung an. Für solche Modelle – wie für die Genanalyse allgemein – sind in der Regel Hochleistungsrechner bis hin zu Supercomputern notwendig. Ein gutes Geschäft also für eine Firma wie IBM, die mit diesen Maschinen recht anständig Geld verdient.

So ist denn auch Teil der Vereinbarung zwischen Structural Bioinformatics und IBM, dass die Gentechnik-Datenfirma Server und Datenbanksoftware bei dem Computerriesen einkauft. IBMs DB2 soll die Standard-Datenbank für die Bioinformatik-Firma werden; die Internet-Angebote sollen auf WebSphere aufsetzen. Unter anderem wird Structural Bioinformatics laut der Vereinbarung Cluster aus Rechnern der xSeries unter Linux einsetzen. Beide Unternehmen wollen zusammenarbeiten, um Forschern schnellen Zugriff auf die Datenbanken von Structural Bioinformatics zu ermöglichen, unter anderem auch über das Internet. Entsprechende Produkte und Service-Angebote wollen die beiden Partner gemeinsam vermarkten; Structural Bioinformatics wird zudem Zugriff auf die Forschungsarbeiten von IBM im Bereich der Bioinformatik erhalten.

IBM ist seit August mit einer eigenen Abteilung im Bereich der Bioinformatik und Gentechnik aktiv. Die Sparte Life Sciences soll aus den vorhandenen Hard- und Software-Technologien des Konzerns Angebote und Dienstleistungen für die Gentechnik-Industrie entwickeln. Mit der Investition in Structural Bioinformatics verschafft IBM der Sparte nun ein erstes festes Standbein in dieser Branche: "Die durchschschnittlichen Kosten zur Entwicklung eines neuen Medikaments liegen heutzutage bei 500 Millionen US-Dollar, und die Entwicklung kann bis zu 15 Jahre dauern", meint Caroline Kovac, Vizepräsident von IBMs Life Sciences. Die Technologie von Structural Bioinformatics könne diesen Entwicklungszyklus entscheidend verkürzen. Nach Angaben von Structural Bioninformatics ist die Firma unter den ersten Unternehmen, das Computer-Modellierung zur Entwicklung von Medikamenten anbietet, einen Ansatz, den die Firma als "in silico" bezeichnet. (jk)