iPhone-Entsperrung: US-Justizministerium tut Apples Datenschutzkurs als Marketing ab

Das US-Justizministerium hat Apple vorgeworfen, mit seinem Nein zur "technischen Unterstützung" eines iPhone-Cracks nur eine Marketingstrategie zu verfolgen. Bürgerrechtler stärken dem IT-Konzern dagegen den Rücken.

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Mit scharfen Worten hat sich das US-Justizministerium in den Gerichtsstreit eingebracht, wonach Apple dem FBI beim Knacken des iPhones eines der Attentäters von San Bernardino helfen soll. Dass sich der IT-Konzern aus Cupertino dem Begehr entgegenstelle, scheint den Anwälten des Ressorts "auf seiner Sorge um sein Geschäftsmodell und seine öffentliche Marketingstrategie zu beruhen".

Würde Apple der US-Polizeibehörde technisch unter die Arme greifen, "bedeutet das nicht das Ende der Privatheit", schreiben die Staatsjuristen in einer 25-seitigen Gerichtseingabe, die Zeitungen wie die New York Times und die LA Times veröffentlicht haben.

Apple vs. FBI: Streit über iPhone-Entsperrung

Apple-Chef Tim Cook hatte im Lauf der Woche mit Rückendeckung vieler Experten einen offenen Brief herausgegeben, wonach das Ansinnen des FBI den Datenschutz und die Sicherheit aller iPhone-Kunden gefährden würde. Apple will daher gegen die Gerichtsanordnung vorgehen.

Ohne die offizielle Begründung Apples abzuwarten, hat das Justizministerium das Unternehmen jetzt beschuldigt, deutlich zu übertreiben. Es sei gar nicht so schwierig, die Strafverfolger beim Entsperren und Entschlüsseln des iPhones zu unterstützen, heißt es aus dem Ressort. Apple habe auch "zu keinem Zeitpunkt gesagt, dass es nicht die technischen Fähigkeiten habe, der Weisung Folge zu leisten". Auch von einer "unangemessenen Herausforderung", die gewünschte Crack-Software zu schreiben, sei in Cupertino keine Rede gewesen. Das Schweigen des Konzerns zu diesem Punkt "spricht Bände".

Die US-Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) unterstützt dagegen die Haltung Apples und erläutert die technischen Hintergründe der Auseinandersetzung. Für die Firma ist es demnach keineswegs einfach, das geforderte Programm für einen Brute-Force-Angriff auf das Gerät zu entwickeln. "Sichere Software zu schreiben ist immer schwierig", führten die Netzaktivisten aus. Dies gelte vor allem für ein tief ins System eingreifendes Programm, das eng mit der Hardware interagiere. Bevor Apple eine solche Software signieren und freigeben könne, müsste der Konzern auch "strenge Tests" durchführen.

Die EFF vergleicht die Anordnung daher mit einer Aufforderung an einen Autobauer, "einen neuen Lkw mit einem fünften Rad binnen eines Monats zu fertigen". Theoretisch wäre dies sicher möglich, würde aber viel Zeit und Geld verschlingen. Letztlich habe es sich in der Vergangenheit aber auch immer als "Sicherheitsalbtraum" herausgestellt, Backdoors zu bauen und Verschlüsselung zu umgehen, wie es das Gericht und die Regierung wünschten. Es sei auch davon auszugehen, dass das Crack-Programm nicht nur in dem einen Fall angewendet würde. Vielmehr sei das Drängen der Sicherheitsbehörden vorprogrammiert, die Software auf andere Geräte anzupassen und die Amtshilfe deutlich auszuweiten.

Das FBI könnte mit dem entsprechenden Aufwand theoretisch auch eine eigene Software schreiben, um die Sicherheitsfunktionen des iPhones zu umgehen, führen die Bürgerrechtler weiter aus. Diese müsse letztendlich aber ebenfalls von Apple signiert werden.

Zudem gebe es aus der Hacker-Community möglicherweise auch andere Wege, um iPhones per "Jailbreak" zu entsperren. Derlei alternative Abhilfen müsse die Polizeibehörde zunächst prüfen. Berichte, dass Apple in früheren Fällen schon rund 70 Mal Smartphones für Ermittler zugänglich gemacht habe, bezögen sich allenfalls auf Mobiltelefone älterer Bauart ohne durchgehende automatische Verschlüsselung. (jk)