Verschleppte Meeresorganismen: Mit Filteranlagen gegen blinde Passagiere

Mit Ballastwasser verschleppte Meeresorganismen verursachen gewaltige Kosten und ökologische Katastrophen. Neue Filteranlagen können das nur zum Teil ändern.

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Chinesische Wollhandkrabbe am Rheinufer
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Eine wichtige Vereinbarung der Internationalen Seeschifffahrts Organisation (IMO) könnte bald in Kraft treten. Sie soll verhindern, dass Meeresbewohner mit dem Ballastwasser großer Schiffe in fremde Ökosysteme eingeschleppt werden. Doch die Probleme werden dadurch nur teilweise gelöst, wie das Magazin Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe 3/2016 berichtet (jetzt am Kiosk oder hier zu bestellen).

Zu den schädlichen Meeresbewohnern zählt beispielsweise die Chinesische Wollhandkrabbe. Sie tritt regional in Massen auf und frisst einheimischen Arten das Futter weg. Außerdem zerstört sie Fischernetze oder plündert den Fang. Allein bis 2004 war sie laut Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie für 85 Millionen Euro Schäden in deutschen Gewässern verantwortlich.

Um so etwas künftig zu verhindern, haben sich die Mitglieder der IMO 2004 nach jahrelangen Verhandlungen auf eine strenge Richtlinie geeinigt: Ein Kubikmeter abgelassenes Ballastwasser darf nur zwanzig lebende Organismen größer als 10 Mikrometer enthalten. Sie tritt allerdings erst in Kraft, wenn sie mindestens 30 Staaten, die mindestens 35 Prozent des weltweiten Schiffstransportes repräsentieren, ratifiziert haben. Derzeit sind es 34,56 Prozent, darunter auch Deutschland. Kommt die IMO-Konvention noch in diesem Jahr durch – in Belgien und Panama wird schon länger über die Ratifizierung diskutiert –, wäre sie ab Ende 2017 verbindlich für alle neuen Schiffe. Zudem müssen die Reeder weltweit 40.000 bestehende Schiffe innerhalb von fünf Jahren nachrüsten.

Solche Reinigungsanlagen arbeiten meist mit UV-Licht oder der Elektrolyse von Meersalz zu Chlor. Ihr Einbau kann leicht einen sechs- bis siebenstelligen Betrag ausmachen. "Viele Schiffe, die sonst noch ein paar Jahre fahren könnten, werden vermutlich vorzeitig abgewrackt", glaubt Matthias Voigt, Forschungs- und Entwicklungschef des Reinigungsanlagenbauers Cathelco.

Doch selbst diese Investitionen lösen das Problem nur teilweise: Zum einen haben alle derzeit zertifizierten Systeme laut Stephan Gollasch, Meeresbiologe und Gutachter für Ballastwasser-Behandlungsanlagen, ein Problem mit widerstandsfähigen Organismen wie Planktonalgen. Zum anderen reise "nur rund die Hälfte der Organismen in den Ballasttanks von A nach B", so Cathelco-Entwickler Voigt. "Die andere Hälfte hängt außen an den Schiffsrümpfen." Und schließlich ist derzeit noch völlig unklar, wie die zuständigen Behörden die Zahl der Organismen im Ballastwasser überhaupt überprüfen sollen. (grh)