Google: In zwei Jahren zum Quantencomputer

Seit 30 Jahren erforscht John Martinis Konzepte für Quantencomputer. Jetzt baut er einen – für Google. In zwei Jahren soll der neue Quantenprozessor laufen, berichtet Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe.

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Google: In zwei Jahren zum Quantencomputer

(Bild: Google)

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Seit 2013 testet Google einen Quantenrechner von D-Wave. D-Wave Systems vermarktet seine Computer zwar als "weltweit erste kommerzielle Quantencomputer". Doch lange Jahre konnte das Unternehmen nicht den Beweis antreten, dass sie überhaupt wie ein echter Quantencomputer arbeiten. Bis zum Dezember 2015: In einem sorgfältig gestalteten Test hatte der supraleitende Prozessor – er gehört zu einer Klasse, die man "Quanten-Annealer" nennt – 100 Millionen Mal schneller gerechnet als herkömmliche Prozessoren. Doch diesen Vorsprung müsste der Quantenrechner auch für reale Anwendungen zeigen – nicht nur in künstlichen Tests.

Hier schlägt John Martinis’ Stunde. In seinem neu gegründeten Google-Labor im kalifornischen Santa Barbara will Martinis, einen kleinen, aber nutzbaren Quantencomputer in zwei bis drei Jahren realisieren. Das berichtet Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe (im Handel erhältlich und im heise shop bestellbar).

Seine Gruppe an der University of California in Santa Barbara hatte einige der stabilsten Qubits erzeugt, die es derzeit gibt, bevor Google ihn im Juni 2014 einstellte. Martinis Team verwendet Aluminiumschleifen, die er kühlt, bis sie supraleitend werden. Die Kohärenzzeit seiner Qubits – wie lange sie eine Superposition aufrechterhalten – beträgt zig Mikrosekunden. Das ist ungefähr 10.000-mal länger als auf dem D-Wave-Chip. Martinis hat so viel Zutrauen zur Hardware seines Teams, dass er sogar glaubt, er könne nicht nur einen Annealer konstruieren, sondern auch einen universellen Quantencomputer.

Quanten-Annealer sind spezialisierte Quantencomputer, die ausschließlich sogenannte Optimierungsprobleme lösen können. Zum Beispiel: Finde die Verbindung aller Städte auf einer Landkarte, die den kürzestmöglichen Weg ergibt. Ein frei programmierbarer, universeller Quantenrechner kann hingegen alle Probleme lösen, für die sich ein Quanten-Algorithmus schreiben lässt. Dazu werden einzelne Qubits gezielt mit einer Reihe von Mikrowellenpulsen angeregt.

Martinis Gruppe hat zwar eine Methode gefunden, um die dabei unweigerlich auftretenden Fehler beim Manipulieren der Qubits zu korrigieren – die Wissenschaftler nennen das "Surface Code". Die Fehlerüberprüfung sei aber so komplex, dass ein Prozessor mit 100 Qubits nicht mehr viel Kapazität übrig hätte, um seine eigentliche Aufgabe zu erledigen, sagt Robert McDermott, Leiter einer Forschungsgruppe zu Quanten-Computing an der University of Wisconsin.

Martinis teilt die Ansicht, glaubt allerdings, das Problem mit steigender Rechenpower lösen zu können. Sobald er 100 Qubits zuverlässig auf einem universellen Quantenchip platziert hätte, stehe ihm der Weg zur Kombination weiterer Qubits offen. "Das ist etwas, was wir gut beherrschen", sagt er. "Kohärenz herzustellen ist schwer, Hochskalieren ist leicht."

Mehr dazu in der aktuellen Ausgabe der Technology Review (im Handel erhältlich und im heise shop bestellbar). (jle)