Das zieht sich aber

Mit einem neuen Material wollen Forscher die Entwicklung von weicher Elektronik und Robotern voranbringen. Es leuchtet in verschiedenen Farben, ist druckempfindlich und vor allem – dehnbar.

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Mit einem neuen Material wollen Forscher die Entwicklung von weicher Elektronik und Robotern voranbringen. Es leuchtet in verschiedenen Farben, ist druckempfindlich und vor allem – dehnbar.

Es dehnt und dehnt und dehnt sich. Bis zu sechs Mal länger als die Ausgangsgröße lässt sich das neue Material eines internationalen Forscherteams ziehen. Sie bezeichnen es als künstliche Haut – die außerdem in verschiedenen Farben leuchten und Druck durch Berührungen feststellen kann. Interessant ist das vor allem für das Gebiet der "soft robotics", also weiche Elektronik und Roboter. Das Material könnte mit dieser Multifunktionalität in Form und Farbe anpassbare Displays und Oberflächen ermöglichen.

Neu ist, dass das Material mehrere Fähigkeiten vereint, meint Rob Shepherd vom Department Mechanical and Aerospace Engineering an der Cornell University in Ithaca (New York). Oberflächen, die Druck registrieren können, sind nichts neues, doch gleichzeitig flexibel zu sein und zu leuchten, das fehlte bisher. Zusammen mit Kollegen vom Instituto di Tecnologia in Pontedera haben sie ihr Material in einem Bericht im Magazin Science vorgestellt.

Bei ihrem hyperelastischen Leuchtkondensator (HLEC) haben sie sich von Kopffüßlern wie dem Oktopus inspirieren lassen. Er ist einer der wendigsten Tarnkünstler unter den Meerestieren, weil er seine Haut nicht nur dehnen, sondern ihr auch die Farbe der Umgebung geben kann. Entscheidend dafür sind bestimmte Zellen, die Chromatophoren, die zu Tausenden unter der Hautoberfläche stecken.

Im HLEC übernehmen Übergangsmetalle die Funktion der Chromatophoren. Die Übergangsmetalle Mangan und Kupfer sind in Zinksulfid dotiert und bilden die Elektrolumineszenz-Schicht. Sie sorgen dafür, dass Licht in verschiedenen Wellenlängen abgegeben wird, wenn Elektrizität durch sie hindurch fließt. "Grünes und blaues Licht wird typischerweise durch eine geringe beziehungsweise hohe Menge an Kupfer produziert, wohingegen gelb durch Mangan produziert wird. Weißes Licht kann man durch eine Kombination erreichen", schreiben die Forscher. Diese Schicht ist eingebettet zwischen zwei Hydrogel-Elektroden, die durchsichtig und (durch ihren Polyacrylamid-Anteil) ebenfalls dehnbar sind. Das Ganze ist umgeben von Silikon. Druck wird durch die veränderte elektrische Kapazität registrierbar. Drückt man mit dem Finger beispielsweise auf den Kondensator, verändert das seine Geometrie und folglich seine elektrische Kapazität.

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Um ihr Material auf seine Dehnbarkeit und bei gleichzeitigem Leuchten zu testen, setzten die Wissenschaftler ein elektrisches Feld von 2,5 kV (bei 700 Hertz) mit einer Leistung von 0,2 Watt ein. Während der Teststreifen um bis zu 500 Prozent länger gezogen wurde (siehe Video oben), nahm die Helligkeit des Materials weiter zu. Denn beim Dehnen kommen sich die zwei Elektroden näher und erhöhen den Gradienten des elektrischen Feldes. "Zwar ist die Lichtausbeute mit 43,2 Milli-Lumen nicht so hoch wie bei kommerziellen Elektrolumineszenz-Geräten, aber das lässt sich noch durch die Abstimmen der Komponenten weiter verbessern", teilt das Forscherteam im Bericht mit.

Angebracht an Robotern könnte diese neue, künstliche Haut die Interaktion zwischen Menschen und Robotern verbessern, "indem sie die Farbe ihrer Displays verändern und so auf Stimmungen und den Farbton des Raums reagieren", sagt Shepherd. Auch wenn es bis dahin noch ein langer Weg ist: Kleine Schritte dorthin haben die Forscher bereits gemacht.

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Sie haben ihre Entwicklung in einen ersten "weichen" Roboter integriert (siehe Video oben). Er erinnert ein wenig an eine Raupe. Drei HLEC-Teile wurden aneinander gefügt. Die oberen vier Schichten eines jeden Teils waren für die leuchtende Oberfläche zuständig, die unteren zwei Schichten dienten als aufblasbare Kissen. Sie wurden abwechselnd aufgebläht und ließen sich wieder zusammensinken. Dadurch kommt die Raupe vorwärts.

(jle)