Vor fünf Jahren: Erdbeben, Tsunami und Super-GAU erschüttern Japan

Vor fünf Jahren kam es im AKW Fukushima Daiichi zu einer dreifachen Kernschmelze. Noch heute sind tausende Arbeitskräfte in der Atomruine im Einsatz.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 357 Kommentare lesen
Vor fünf Jahren: Erdbeben, Tsunami und Super-GAU erschüttern Japan

(Bild: dpa)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • dpa
Inhaltsverzeichnis

Am 11. März 2011, heute vor fünf Jahren, erschütterte ein Erdbeben der Stärke 9 Japans Ostküste. Er löste einen Tsunami aus, der teils ganze Städte und Dörfer entlang von mehr als 500 Kilometern Küste zerstörte; 18.500 Menschen starben und in Fukushima führte er zur schwersten Atomkatastrophe seit Tschernobyl.

Im AKW Fukushima Daiichi kam es zu einer dreifachen Kernschmelze. Rund 1200 Angestellte des Betreibers Tepco sowie zusätzlich 7000 Arbeitskräfte von angeheuerten Vertragsunternehmen sind auch fünf Jahre nach dem Super-GAU täglich in der Atomruine im Einsatz. Die völlige Stilllegung des AKW wird noch 30 bis 40 Jahre dauern, bislang seien rund zehn Prozent geschafft, sagt der Leiter des zerstörten AKW, Akira Ono.

Täglich dringen Hunderte Tonnen Grundwasser in die Reaktorgebäude und vermischen sich dort mit dem verstrahlten Wasser zur Kühlung der geschmolzenen Brennstäbe. Wo die liegen, weiß auch nach fünf Jahren niemand genau. Große Teile des AKW-Geländes sind mit rund 1000 riesigen Tanks übersät, in dem das Wasser nach Durchlaufen eines Filters gelagert wird – schon fast 800.000 Tonnen.

Die Atomkatastrophe von Fukushima

Am 11. März 2011 erschütterten ein Erdbeben und ein Tsunami Japan. Im AKW Fukushima Daiichi ereignete sich eine dreifache Kernschmelze – auch mit Folgen für die hiesige Energiewirtschaft

In dem Bemühen, die täglich weiter steigenden Wassermassen zu reduzieren, wurde ein Eiswall aus gefrorenem Boden um die Reaktoren gebaut. Doch aus Sorge um ein zu starkes Absinken des Grundwasserspiegels darf Tepco den Wall nur stufenweise betreiben – ob das etwas bringt, ist unklar. Und dann wäre da die verstrahlte Erde, die in der Umgebung des AKW großflächig abgetragen wurde.

Ganze Landschaften sind auch nach fünf Jahren übersät mit großen schwarzen Plastiksäcken, obwohl ihre Haltbarkeit nur drei Jahre beträgt. Es gibt Berichte über Säcke, die schon gerissen sind. Doch gegen die Einrichtung eines Zwischen- oder gar Endlagers gibt es Widerstand. Trotzdem erlaubt die Regierung Bewohnern des nahe der Atomruine gelegenen Ortes Naraha, zurückzukehren. Doch nur wenige folgten dem Aufruf. Aus Angst vor der Strahlung, aber auch, weil viele von ihnen inzwischen weit weg ein neues Leben begonnen haben.

Nach einer kürzlich veröffentlichten Untersuchung unter rund 300.000 Kindern unter 18 Jahren in Fukushima wurde bisher bei 116 Schilddrüsenkrebs diagnostiziert. Bei 50 gebe es einen Verdacht. Doch sei es "unwahrscheinlich", dass die AKW-Katastrophe schuld sei, hieß es. Zugleich betonen Experten, dass der Genuss von Lebensmitteln aus Fukushima, die in den Handel kommen, unbedenklich sei. Die Lebensmittel würden genauestens geprüft. "Sie sind sicher, und das sage ich mit voller Überzeugung", erklärt Ryugo Hayano von der University of Tokyo.

Unterdessen haben Japans Atomkraftgegner kurz vor dem fünften Jahrestag der Fukushima-Katastrophe vor Gericht einen bemerkenswerten Sieg errungen. Ein Bezirksgericht verfügte den Stopp für zwei von vier gerade erst hochgefahrenen Reaktoren. Als Grund wurden "problematische Punkte" und "Fragen" unter anderem zum Schutz vor Tsunami und Evakuierungsplänen im AKW Takahama genannt. Dabei hatten die beiden dortigen Reaktoren die laut Regierung angeblich "schärfsten Sicherheitsauflagen der Welt" erfüllt.

Die Folgen des Tsunami, der auch zur AKW-Katastrophe in Fukushima führte (9 Bilder)

Zerstörte Ortschaft

Luftaufnahme aus Sukuiso, eine Woche nach dem Tsunami (Bild: NOAA/NGDC, Dylan McCord, U.S. Navy)

Derweil wird in Kürze in Naraha eine virtuelle Nachbildung des Unglückmeilers in Betrieb genommen. Darin sollen Atomarbeiter üben für den Tag, an dem sie die verstrahlten Reaktoren betreten können. Was dann eines Tages mit den geschmolzenen Brennstäben passieren soll, ist jedoch völlig unklar. Es gibt Überlegungen, sie unter dem Meeresboden vor der Küste von Fukushima zu versenken. Und was, wenn es in der Zwischenzeit erneut ein starkes Erdbeben und einen Tsunami gibt? Das sei zwar ein Risiko, wenn auch wenig wahrscheinlich, sagt Tepco-Manager Ono. Doch ein ähnliches Chaos wie vor fünf Jahren werde es nicht noch einmal geben. Immerhin sei allein schon die Energie im AKW inzwischen deutlich gesunken. (anw)