Nvidias Linux-Treiber unterstützt jetzt Mir, Vulkan und Wayland

Ein Beta-Treiber von Nvidia rüstet Unterstützung für neue Grafiktechniken nach. Darunter ist auch Support für den designierten X11-Nachfolger Wayland – es ist aber noch unklar, ob sich die Open-Source-Community mit Nvidias Ansatz arrangiert.

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Nvidias Linux-Treiber unterstützt jetzt Vulkan und Wayland
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Thorsten Leemhuis
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Nvidia hat eine Vorabversion einer aktualisierten Familie von Linux-Treibern veröffentlicht. Diese unterstützt erstmals die neue Programmierschnittstelle Vulkan sowie die Bedienoberflächen-Erzeugung via Mir oder Wayland. Doch damit nicht genug: Die Beta mit der Versionsnummer 364.12 beherrscht eine neue Bildausgabe-Technik und klinkt sich anders im System ein; das verbessert die Unterstützung von Nvidias Optimus, mit dem sich GeForce-Grafikchips bei einer Reihe moderner Notebooks zuschalten lassen.

Zu den wichtigsten Neuerungen des Beta-Treibers zählt die Unterstützung für die Wayland Display Architecture; die Entwickler der Desktop-Umgebungen Gnome 3 und KDE Plasma wollen diese in Zukunft nutzen, um die Bedienoberflächen darzustellen und so den von manchen Entwicklern als unzeitgemäß eingestuften X-Server von X.org loszuwerden. Dafür muss der Grafikkartentreiber einige Wayland-spezifische Erweiterungen der Programmierschnittstelle EGL implementieren, was bislang nur bei quelloffenen Linux-Grafiktreiberfamilien der Fall war.

Existierende Wayland-Clients können die Wayland-Unterstützung in Nvidias Beta-Treibern direkt nutzen, denn Anwendungen können ihre Bedienoberflächen über die bekannten Wege an Wayland Compositor übermitteln. Dieser kümmert sich dann um das Zusammensetzen der gesamten Desktop-Oberfläche und deren Ausgabe auf dem Bildschirm. Für diese Aufgaben müssen Wayland Compositor aber an Nvidias Treiber angepasst werden, weil sie anders vorgehen als bisherige Treiber. Nvidia hat daher auch Erweiterungen für Weston veröffentlicht, damit dieser im Rahmen des Wayland-Projekts entwickelte Compositor das Gesamtbild über die Wayland-Unterstützung der neuen Treiber ausgeben kann; Erweiterungen für den Wayland-Compositor-Support in Gnome Shell und Kwin hat Nvidia indes nicht veröffentlicht.

Ohnehin ist vorerst völlig unklar, ob Nvidias Ansatz zum Zusammenspiel zwischen Wayland Compositor und Nvidia-Treiber von der Open-Source-Community überhaupt akzeptiert wird. Nvidia hatte einen Vorläufer des verwendeten Ansatzes bereits 2014 auf einer Entwickler-Konferenz und der Wayland-Entwicklerliste vorgestellt. Dabei hat sich das Unternehmen eine recht deutliche Abfuhr von einigen wichtigen Entwicklern geholt, die an Wayland oder Grafiktreibern von Linux mitarbeiten. Offenbar hat Nvidia diesen Weg trotzdem beibehalten. Schon wenige Stunden nach Vorstellung des Beta-Treibers und kurz vor Erscheinen dieser Meldung meldete sich nämlich ein erster Entwickler zu Wort, der den Ansatz knapp aber deutlich kritisierte und auf die früheren Diskussionen verwies; er geht nicht davon aus, dass Nvidias Lösungsweg in der Community Akzeptanz finden wird.

Die mit einem neuen Modul für KMS (Kernel-based Mode-Setting) realisierte Wayland-Unterstützung ist in der Standardkonfiguration ohnehin inaktiv, daher muss sie vorerst über einen Kernel-Modul-Parameter explizit eingeschaltet werden.

Die Vorabversion der nächsten Version der proprietären Nvidia-Treiber bringt auch Unterstützung für Mir – einen von Ubuntu-Hauptsponsor Canonical vorangetriebenen Konkurrenten von Wayland, der ein ähnliches Konzept nutzt, an einigen Stellen aber anders vorgeht.

Mit der Beta ist nun auch der Support für die im Februar veröffentlichte Programmierschnittstelle Vulkan in der Hauptentwicklungslinie des Treibers angekommen. Nvidia bot bislang nur einen speziellen, aus der normalen Entwicklung ausgekoppelten Beta-Treiber für Vulkan an, das mit Direct3D 12 konkurriert und in einigen Bereichen wohl OpenGL ablösen dürfte.

Nvidia richtet beim neuen Beta-Treiber nun standardmäßig alles ein, damit Anwendungen über die OpenGL Vendor-Neutral Dispatch library (libglvnd) zum passenden OpenGL-Treiber finden. Damit schafft Nvidia ein Problem bei der manuellen Installation seines proprietären Treibers aus der Welt, denn dabei wird zumeist die zur Distribution gehörende Bibliothek libGL.so.1 durch eine von Nvidia ersetzt; diese wird allerdings bei Updates der Distribution womöglich wieder überschrieben, woraufhin Nvidias proprietäre Treiber nicht mehr richtig funktionieren.

Das Ganze ist auch für Optimus-Notebooks wichtig, bei denen sich ein GeForce-Grafikchip zuschalten lässt; Anwendungen müssen daher auf die ein oder andere libGL.so.1 zurückgreifen, je nachdem, welchen Grafikchip sie denn zum Rendering verwenden wollen. Details zu diesen und anderen Neuerungen liefert ein Beitrag in den Nvidia-Foren. Der Beta-Treiber steht über die Nvidia-Webseite zum Download bereit. (thl)