Offline-Interaktion: Apps gegen Vereinzelung

Computer Mediated Offline Interaction heißt ein neuer Trend. Wie man Menschen, die nur noch auf ihre Smartphones starren, dazu bringt, im echten Leben wieder miteinander zu reden.

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Apps gegen Vereinzelung

(Bild: Pabak Sarkar / Flickr / cc-by-2.0)

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Apps wie "Hoomn" sind seltsame Zwitter. Sie benutzen eine globale Kommunikations-Infrastruktur – die Infos sind aber nur lokal verfügbar: Nutzer können alle Arten von Anfragen senden und dabei anonym bleiben. Eine Registrierung und ein Account sind nicht nötig. Lediglich anhand ihres Standortes wird die Nachricht auf eine lokal zugeordnete Pinnwand wie die eines Stadtteils gepostet, damit Interessierte zusammenfinden können. Beispielsweise weil sie etwas verkaufen wollen oder eine Party in der Nähe suchen. Der erste Kontakt findet über einen anonymen Chat statt. Wer sich treffen möchte, verabredet sich einfach vor Ort.

Die Mischung aus Anonymität und Nähe folgt einem Trend mit komplizierten Namen: Computer Mediated Offline Interaction, berichtet Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe (im Handel erhältlich oder im heise shop bestellbar). Nemanja Memarovic, Postdoc an der Universität Zürich, hat die Bewegung vor sechs Jahren angestoßen – und damit offenbar einen Nerv getroffen.

2012 organisierte Memarovic einen ersten Workshop zu dem Thema. Der junge Forscher ist nervös – ob überhaupt jemand kommt? "Wenn Menschen das Wort 'offline' hören, denken sie manchmal, dass ich das Internet abschalten will", sagt Memarovic. Aber der Raum wird voll, seine Kollegen überrannten ihn förmlich. Seither kommt keine Konferenz zur Mensch-Computer-Interaktion ohne wenigstens einen dieser Workshops aus, neuerdings sogar meist zwei. Die Verfechter der neuen Bewegung entwickeln Apps und Installationen, die Menschen im realen Leben zusammenbringen sollen.

Gemeinsam mit Informatikern aus Finnland entwickelte Memarovic "FunSquare", das den Umstehenden auf Displays überraschende Informationen per Zufallsgenerator präsentiert, beispielsweise: "Auf den Pitcairn Islands leben nur fünfmal mehr Menschen als hier heute um das Display herumstehen." Der simple Trick funktioniert: Die Forscher beobachteten, wie wildfremde Menschen vor den Bildschirmen miteinander zu diskutieren begannen. "Es schien gerade so, als ob Wissenschaftler Dinge entwickeln, um hinterher Papiere darüber zu schreiben", sagt Memarovic. "Ich wollte aber erst klären, was sinnvoll ist, was die Gesellschaft voranbringt."

Mehr dazu lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der Technology Review (im Handel erhältlich oder im heise shop bestellbar). (jle)