WebRTC: Standard für die Web-basierte Echtzeitkommunikation

Noch ist die erste Standardisierungsphase nicht abgeschlossen, doch schon sorgt WebRTC (Web-based Real-Time Communications) auf dem Markt für Web-basierte Echtzeitkommunikation für Aufsehen. Als Initiator des Projekts schätzt Google, dass gegenwärtig mehr als 800[ ]Unternehmen in die Entwicklung von Echtzeitapplikationen basierend auf WebRTC investieren. Zeit für einen Artikel zu Geschichte, Technik und Standards.

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WebRTC: Standard für die Web-basierte Echtzeitkommunikation
Lesezeit: 16 Min.
Von
  • Andrew Hutton
Inhaltsverzeichnis

Ende 2010 startete ein an Hangout arbeitendes Google-Team mit WebRTC. Es hatte erkannt, dass Web-basierte Echtzeitkommunikation nur realistisch war, wenn Protokolle und APIs auf allen Browsern standardisiert sind. Das Projekt sollte darüber hinaus eine Annäherung der unterschiedlichen Philosophien sowohl im Web als auch in der traditionellen Kommunikationsindustrie fördern.

Das Google-Team beschloss daher, die einschlägigen Standardisierungsexperten der IETF (Internet Engineering Task Force) und des W3C (World Wide Web Consortium) zu einem Workshop in ihre Zentrale in Mountain View einzuladen, um "das Feld abzustecken". Das Echo der Branche war wohl positiver als erwartet – und dafür gab es verschiedene Gründe: Viele Kommunikationsunternehmen versuchten bereits 2010 Unified Communications Services in der Cloud zu implementieren und den Kunden Dienste per Webbrowser bereitzustellen.

Ohne Standardisierung war das jedoch nur über proprietäre Plug-ins möglich. Diese ließen sich zum einen jedoch nicht so einfach implementieren – man bedenke die unterschiedlichen Plug-ins für die verschiedenen Browser und Plattformen – und wurden zum anderen von vielen IT-Abteilungen in Unternehmen abgelehnt oder stießen dort zumindest auf wenig Gegenliebe. Ein weiterer Faktor, der während des IETF80-Meetings im März 2011 zur Sprache kam, waren die kürzeren Innovationszyklen, die in der Telekommunikationsbranche gefordert wurden, damit sie mit der Webwelt Schritt halten konnte.

Das von der IETF entwickelte Session Initiation Protocol (SIP) war zwar erfolgreich und fand weite Verbreitung bei IP-Phones, vielen Softphones und im Rahmen der 3GPP-Standards (3rd Generation Partnership Project) sogar im Mobilfunk. Dennoch ermöglichte SIP den Telekommunikationsanbietern nicht, der gleichen Innovationsdynamik nachzukommen, wie sie aus der Webbranche bekannt ist. Bis heute ist die Mobilindustrie im Bereich der Innovationsleistung an das Telekommunikationsmodell gekettet. Innovationen sind in der Telekommunikation deshalb so schwerfällig, weil neue Services in diesem Sektor zunächst die Erarbeitung neuer Standards durch die Standardisierungsinstanzen und deren Implementierung durch die Anbieter voraussetzen.

Dieser Prozess braucht Zeit und bedeutet, dass die gleichen Services gleichzeitig allen Anbietern zur Verfügung stehen, die sich dann lediglich noch über den Preis differenzieren. WebRTC hält sich jedoch nicht mit der Standardisierung der Signalisierungsprotokolle auf, sondern fokussiert sich direkt auf das Echtzeit-Medien-Handling im Web.

Es wurde viel darüber geredet, dass WebRTC als Technik sowohl die Consumer- als auch die Unternehmenskommunikation, einschließlich des Mobilfunks, revolutionieren wird. Das ist ein großes Versprechen für eine Technik, die im Wesentlichen nur einen Realtime Media Stack mitangeschlossener JavaScript-API umfasst.

Grund für das prognostizierte Potenzial ist schlichtweg, dass mit WebRTC Echtzeitkommunikation und insbesondere Echtzeit-Videokonferenzen zu einem neuen Werkzeug für Millionen von Webanwendungsentwicklern werden. Seine APIs sorgen dafür, dass Webentwickler die komplexe Funktionsweise von Echtzeitkommunikation nicht mehr selbst zu beherrschen brauchen. Stattdessen erhalten sie eine API in einer für sie verständlichen Sprache, die es ihnen ermöglicht, Sprachausgabe, Videos und Daten in jede beliebige Applikation einzubetten, an der sie arbeiten.

Dank dieser Funktionen im Browser lässt sich Echtzeitkommunikation in jede beliebige Webapplikation einbinde – ganz gleich, ob es sich um eine komplexe Geschäftsprozessanwendung oder eine Social-Media-Applikation handelt. Das wird als kontextbezogene oder kontextuelle Kommunikation bezeichnet und bedeutet, dass Echtzeitkommunikation im Zusammenhang mit dem erfolgt, was man gerade tut, und nicht ein bestimmtes separates Tool erfordert.