Kommentar: Zuckerbergs Vision von der Universalplattform

Facebook baut an einem Netz im Netz, das kein Nutzer mehr verlassen soll. Das zeigen die Neuvorstellungen auf der Entwicklerkonferenz f8, findet c't-Redakteur Jo Bager.

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Facebook F8

(Bild: facebook)

Lesezeit: 2 Min.
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"Give everyone the power to share anything with anyone" – "Jedem die Möglichkeit geben, alles mit jedermann zu teilen": Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat sein Zehn-Jahres-Programm zur Eröffnung der Entwicklerkonferenz f8 unter ein ambitioniertes, fast selbstlos klingendes Motto gestellt. Aber eigentlich geht es eher darum, ein Netz im Netz zu spinnen.

Eine Analyse von Jo Bager

Jo Bager arbeitet schon seit fast zwanzig Jahren bei c't und seit dem Start auch bei heise online. Er schreibt über Suchmaschinen, soziale Netze und Web-Dienste aller Art und ist immer wieder fasziniert davon, wie sich die IT-Branche permanent neu erfindet.

Riesendrohnen und Satelliten sollen das Internet für Milliarden Menschen erschließen, die bislang keinen Zugang zum Netz haben; neue Mobilfunktechnik und Internet-Verteilknoten sollen die Anbindung in bereits erschlossenen Gebieten verbessern. Das klingt zunächst einmal alles sehr generös. Aber erst im Februar war Facebooks ähnlich gelagerte Initiative Free Basics in Indien verboten worden, weil sie die Netzneutralität unterlief: Die Inhalte von Facebook und wenigen anderen Anbietern konnten mit Free Basics kostenlos aufgerufen werden, die von anderen Websites nicht.

Viele andere auf der f8 vorgestellten Produkte sind so gestrickt, dass sie Inhalte aus dem Rest des Netzes aufsaugen. Das Angebot an Verleger etwa, Artikel als sogenannte Instant Articles blitzschnell in Facebooks Messenger-App auszuliefern, nutzt den Verlegern ebenso wie den Messenger-Nutzern. Vor allem aber hilft es Facebook selbst, das sich so ganz bequem ein riesiges News-Angebot einverleibt.

Egal, ob es um Chat-Kommerz im Messenger geht, das Speichern von Webseiten auf Facebook oder um Live-Steaming für alle: Überall geht es darum, Inhalte auf Facebooks Plattformen zu verlagern, die bisher woanders, außerhalb der Mauern von Zuckerbergs Netzwerk zu finden waren. Privater Chat, Einkäufe, News, Spiele: Alles zu haben auf Facebook.

Die Facebook-Einwohner haben so keinen Grund mehr, die Plattform zu verlassen: Eine Überplattform, bei der Zuckerberg dann nach Gutdünken schalten und walten kann. Das passiert ja bereits heute: Irgendwelche schwammigen Richtlinien entscheiden, welche Bilder oder Texte auf Facebook gelöscht werden: Gewaltverherrlichung – meist kein Problem, eine unbedeckte weibliche Brustwarze – wird fast immer gelöscht.

Wenn Zuck ehrlich gewesen wäre, müsste sein Motto lauten: "Jedem die Möglichkeit geben, alles mit jedermann auf Facebook zu teilen, was Facebook gefällt". (jo)