Ab in den Dreck: Nikon D5 bewährt sich in der Praxis

Grollende Motoren, fliegender Schlamm und mittendrin eine ratternde Nikon D5: Der Profi-Fotograf Marcel Schneeberg hat die derzeit teuerste Vollformat-Spiegelreflexkamera für uns auf dem Sächsischen Offroad Cup getestet.

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Ab in den Schlamm: Profi-Spiegelreflexkamera Nikon D5

(Bild: Marcel Schneeberg)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Marcel Schneeberg
Inhaltsverzeichnis

Nikons neue Profi-Spiegelreflexkamera D5 weiß mit großen Zahlen zu beeindrucken: 14 Bilder pro Sekunde, 153 Autofokus-Punkte, Empfindlichkeit bis maximal ISO 3.280.000, Preis: 7000 Euro. Für das Labor allein wäre die robuste Kamera viel zu schade.

Wir haben Sie deshalb dem Profi-Fotografen Marcel Schneeberg in die Hand gedrückt, der mit ihren Vorgängerinnen arbeitet. Uns gibt er einen ganz persönlichen Erfahrungsbericht über seine Arbeit mit der D5 auf dem Sächsischen Offroad Cup.

Messwerte und Vergleiche zur D5 liefern wir im Artikel "Profi-Spiegelreflexkamera Nikon D5: Bildqualität im Labor".

Besonders gespannt sind wir außerdem, wie sich die D5 zur Konkurrentin EOS-1D X Mark II positionieren kann, die später im Jahr auf den Markt kommt.

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Seit Jahren arbeite ich schon mit den Profi-Spiegelreflexmodellen D3, D3s, D4 und D4s von Nikon. Deshalb wusste ich, dass die D5 nicht schlechter sein kann. Ich erwartete aber keine bahnbrechenden Neuerungen und wollte sie leidenschaftslos und möglichst neutral auf die Probe stellen.

Nikon schickte mir die D5 mit zwei Objektiven: dem AF-S Nikkor 24-70 mm 1:2,8E ED VR und dem AF-S VR Micro Nikkor 105 mm/2.8G IF-ED. Dafür jagte mich eine Postfrau am Samstagmorgen 8.00 Uhr aus dem Schlaf und drückte mir das Paket in die Hand. Normalerweise hätte ich mich sofort wieder hingelegt, aber die Neugier siegte. Also, Paket auf. Kennt ihr das, wenn ihr in einem fabrikfrischen Auto sitzt und es riecht so "neu"?

Schnell befreite ich den ganzen Kram aus dem Karton und schraubte das 24-70er auf, Akku rein und Speicherkarten in den Schacht. Übrigens: Ich konnte das D5-Modell mit zwei XQD-Kartenschächten testen. Es gibt die Kamera auch noch in einer Ausführung mit zwei CF-Kartenschächten. Letztere hätte mir persönlich besser gefallen: Es ist ein riesiger Kostenfaktor, ob ich 200 Euro für 32 Gigabyte XQD bezahle oder nur 60 Euro für 32 Gigabyte CF. Da ich Fotograf bin und kein Videograf, wären die Compact-Flash-Karten für mich absolut ausreichend. Die Größe meiner produzierten Daten ist immerhin relativ überschaubar.

Ich hielt nun diesen Kameraklotz in der Hand. Die Haptik ist wie gewohnt Spitzenklasse und die Größe hat sich zur D4s nicht verändert. Dennoch unterscheiden sich die Kameras im Detail: Zuerst fiel mir auf, dass die Einstellung für die ISO-Empfindlichkeit bei der D5 direkt hinter den Auslöser gelegt wurde. Bei der D4s sitzt der Knopf unterhalb des kleinen Displays auf der Rückseite. Jetzt kann man sich darüber streiten, was nun besser ist. Für mich hat es keinen großen Unterschied gemacht. Beides ist funktional. Desweiteren wanderte der "Mode"-Knopf vom Auslöser nach links aufs Rändelrad. Für mich ebenso wenig dramatisch. Außerdem packt Nikon noch zwei weitere Funktionstasten aufs Gehäuse. Deren Sinn erschließt sich für mich persönlich nicht ganz. Doch jeder fotografiert eben anders. Dem ein oder anderen werden sie wertvolle Dienste leisten. Das Menü ist genauso intuitiv wie einfach. Wer mit der D3, D4 oder D4s zurecht kommt, hat mit der D5 keine Probleme. Alles verweilt am gewohnten Platz. Eingewöhnen oder Umstellen entfällt.

Das Gehäuse der D5 (rechts) hat sich im Vergleich zur D4s (links) nicht grundlegend verändert. Einige Bedienelemente haben aber die Position gewechselt.

Ein riesiger Gewinn: Der Akku ist der gleiche wie bei der D4 geblieben. So kann ich beide Kameras nutzen, ohne ein Akkuwirrwar zu haben. Bei der Umstellung von D3 zu D4 war das nicht der Fall. Unterschiedliche Akkus und unterschiedliche Speicherkarten – ich habe es gehasst.

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Nachdem ich alle Grundeinstellungen meinen Bedürfnissen angepasst und alle, für mich wichtigen, Knöpfe gefunden hatte, war ich bereit das erste mal auf den Auslöser zu drücken. Kaffeetasse in den Fokus und klick, kurzer Blick auf das Display und just in diesem Moment war es mit der Leidenschaftslosigkeit vorbei: Der Autofokus, die augenscheinliche Bildqualität auf dem Display und dieses betörende Auslösegeräusch hat in mir sofort die Leidenschaft entfacht. Aber langsam, bis jetzt hat sich noch nix bewegt und die Bilder habe ich auch noch nicht auf dem Rechner gesehen. Der scharfe "Schuss" kommt beim SOC, dem Sächsische Offroad Cup. Auftakt für diese Saison ist in Meltewitz: schweres Gelände, Schlamm, dunkler Wald und verdammt schnelle Passagen. Hier kann der Autofokus zeigen, was er kann.

Nikon D5: Praxisbilder vom Sächsischen Offroad Cup (12 Bilder)

Profi-Fotograf Marcel Schneeberg war mit der D5 auf dem Sächsischen Offroad Cup unterwegs. In der Bilderstrecke zeigt er eine kleine Auswahl seiner Ausbeute.
(Bild: Marcel Schneeberg)

153 statt 51 (bei der D4s) Fokusmessfelder stehen nun zur Verfügung, davon 99 Kreuzsensoren. Das ist schon mal eine Hausnummer. Feuer frei. Die ersten Fahrer und ihre Maschinen betreten den Rennzirkus. 2. Gang und Hahn auf. Die Verrückten rasen an mir vorbei als gäbe es kein Morgen. Ich hab Mühe mit den Augen zu folgen und bin nun gespannt, was die Kamera daraus macht.

"Mitzieher" steht auf meinem Testprogramm. Autofokus auf AF-C gestellt, Verschlusszeit der Geschwindigkeit angepasst und die Blende geschlossen bis alles gut aussieht. Der erste Fahrer kommt, Kamera in Anschlag gebracht und los geht’s. Kurzer Blick aufs Display: Treffer! Zufall? Nächster Fahrer. Treffer! Ich habe das Ganze bestimmt dreißigmal wiederholt und keinen Ausschuss produziert.

Standortwechsel. Schweres Gelände, Licht und Schatten, und springende Rennfahrer. Der Kontinuierliche Autofokus AF-C ist nach wie vor eingestellt, dazu 24-mm-Weitwinkel beim 24-70er, die Kamera in der rechten Hand fast am Boden und einfach draufgehalten. Treffer. Das ganze nun nochmal mit durchschauen, Treffer! Der Autofokus trifft und das bei manueller Messfeldwahl.

Mitzieher: Auch bei dieser Disziplin zeigt sich de D5 noch sehr treffsicher.

(Bild: Marcel Schneeberg)

Der 100-Prozent-Ausschnitt zeigt, dass die Schärfe noch gut sitzt.

(Bild: Marcel Schneeberg)

Jetzt geht’s zur Werkstrasse, dem schnellsten Abschnitt der Strecke. Die Fahrer rasen mit knapp 100 Sachen auf mich zu und von mir weg. Der Autofokus arbeitet so verdammt schnell und präzise, dass es eine Freude ist den Auslöser zu drücken. Jeder Schuß sitzt! Das habe ich noch nie erlebt.

Zurück im Fahrerlager hab ich die D5 erstmal vom groben Schlamm befreit und dabei festgestellt, dass sie auch ein Touchdisplay hat. Im Betrachtungsmodus konnte ich die Bilder, wie beim iPhone, einfach hin und her schieben. Das ist zwar eine Zugabe, die man nicht unbedingt braucht, aber wie sagt man so schön? Haben ist besser als brauchen. Als es in Autos noch keine Servolenkung gab, hat sie auch keiner vermisst...

Zurück im heimischen Büro wollte ich die Bilder natürlich gleich am Rechner sichten. Was soll ich sagen? 582 Bilder und zwei mal hat der Autofokus versagt. Und selbst da denke ich mittlerweile, dass es eigene Blödheit war und nicht an der Kamera lag. Sportfotografie gehört nicht zu meinem täglich Brot, mein Metier sind Hochzeiten. Um so mehr überzeugt mich dieses ausgeklügelte Autofokussystem.

Was mir auf den ersten Blick bei der D5 besser gefällt bei der D4s ist der Weißabgleich. Beispiel: In einigen Bildern, gerade bei Mischlicht, bringt die D4s mehrere Farbabstufungen ins Bild. Der oberer Bildrand wirkt warm, der untere kalt und zwischendrin Farbkauderwelsch. Sie trifft den Weißabgleich nie. Oft sehe ich einen magentalastigen Farbstich. Die Kamera war deswegen schon zwei mal bei Nikon Professional Service (NPS). Neue Software, Einstellungen und und und... Was soll ich sagen, klappt bis heute nicht. Jedes Bild muss ich nachkorrigieren. Nun ist die Frage, ob ich bei meiner D4s ein Montagsmodell erwischt habe oder ob der automatische Weißabgleich bei der D4s allgemein bescheiden ist. Jedenfalls funktioniert der in der D5 einwandfrei.

Die D5 ist das aktuelle Topmodell von Nikon. Die Kamera kostet knapp 7000 Euro.

(Bild: Nikon)

Die D5 ist schnell, robust und das Beste was ich je in der Hand hatte. Für alle, die Reportage- oder Sportfotografie professionell betreiben ist diese Nikon D5 eine optimale Wahl. Über den Preis braucht man nicht lange philosophieren. Sollte mich Nikon irgendwann mal fragen, was man besser machen kann, würde ich als Fotograf antworten: Lasst diese blöde Videofunktion weg und macht das Ding 2000 Euro billiger.

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(ssi)