Zahlen, bitte! 0,5 Grad Celsius wärmer

Die Erderwärmung auf 2 Grad Celsius zu begrenzen, ist das Ziel des Weltklimaabkommens. Sogar von 1,5 Grad Celsius ist die Rede. Welchen Unterschied 0,5 Grad Celsius machen, hat nun eine neue Studie konkretisiert.

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Zahlen, bitte! 0,5 Grad Celsius wärmer
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Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

175 Staaten haben am vergangenen Freitag im UNO-Hauptsitz in New York das Weltklimaabkommen unterzeichnet. Es ist das erste Mal, dass eine solch hohe Anzahl an Staaten an einem einzigen Tag eine internationale Vereinbarung unterschrieben hat. Allein das wäre bereits ein Kandidat für "Zahlen, bitte" gewesen – doch fraglich ist, wie viele dieser Länder das Abkommen auch ratifizieren. 55 Staaten müssen es verbindlich machen, damit es in Kraft tritt.

Konkreter ist dagegen die Zahl 0,5. Forscher des Instituts Climate Analytics in Berlin haben in einer Studie die Unterschiede aufgezeigt, die eine globale Erwärmung um 2 Grad Celsius beziehungsweise 1,5 Grad Celsius hat – letzterer Wert wurde im Klimaschutzabkommen ebenfalls als erstrebsam aufgenommen. Zu diesem Temperaturlimit müssen die Treibhausgasemissionen allerdings weltweit zwischen 2045 und 2060 auf Null zurückgefahren werden. Die unterschiedlichen Auswirkungen der Differenz von 0,5 Grad Celsius waren in der Genauigkeit, wie sie nun in der Studie vorliegt, bisher noch nicht bekannt. Auch wurden Gebiete als "hot spots" benannt.

Die zunehmenden Wärmeperioden hätten auch Auswirkungen auf die Ernteerträge.

(Bild: Beth Cortez-Neavel / Flickr / cc-by-2.0)

So wird die Hauptlast eines Anstieg auf 2 Grad Celsius tropische Regionen treffen. Der Studie zufolge werden die Wärmeperioden gegen Ende des Jahrhunderts bis zu 50 Prozent länger dauern als mit einer Erhöhung um 1,5 Grad Celsius. "Für Hitze-relevante Verhältnisse werden die zusätzlichen 0,5 Grad Celsius den Unterschied machen zwischen Extrem-Ereignissen an der oberen Grenze von heutigen natürlichen Schwankungen und einem neuen klimatischen Regime", sagt Haupt-Autor der Studie, Carl Schleussner.

In mediterranen Regionen wären bei 1,5 Grad Celsius globaler Erwärmung etwa 10 Prozent weniger Frischwasser vorhanden als gegen Ende des 20. Jahrhunderts. Bei 2 Grad Celsius würden rund 20 Prozent weniger Wasser zur Verfügung stehen. Der Meeresspiegel steigt nach den Berechnungen der Forscher bis 2100 um 50 Zentimeter bei 2 Grad Celsius Erderwärmung. 10 Zentimeter sind es bei 1,5 Grad Celsius. "Der Anstieg des Meeresspiegels würde sich im 21. Jahrhundert erst bei einem Szenario unter 1,5 Grad Celsius verlangsamen", so Schleussner.

Die Entwicklung von Korallenriffen sähe auch bei einer Erwärmung um 1,5 Grad Celsius nicht gut aus. "Aber es gäbe die Chance zur Anpassung und zum Überleben", sagt Schleussner gegenüber dem New Scientist. "Bei einer Erwärmung um 2 Grad Celsius gibt es nur wenig Hoffnung, dass das die Ökosysteme überstehen."

Insgesamt sehen die Ergebnisse der Forscher weder für 2 Grad Celsius noch für 1,5 Grad Celsius rosig aus. Dennoch bietet die Studie eine Grundlage für weitere Klimafolgenforschung. "Einige Wissenschaftler haben behauptet, dass es wenig Unterschied macht, ob es um 1,5 Grad Celsius geht oder um 2 Grad Celsius", erklärt Jacob Schewe vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung. Natürliche Schwankungen und Modellungenauigkeiten müssten beachtet werden. "Das haben wir getan und einen bedeutsamen Unterschied herausgestellt", so Schewe. Als Basis für die Analysen der Forscher dienten die Klimamodelle aus dem fünften Bewertungsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses über Klimaveränderungen (IPCC). (jle)