Bund und Länder: Online-Plattformen sollen Algorithmen transparent machen

Ähnlich wie Scoring-Anbieter sollen Online-Dienstleister künftig die "zentralen Kriterien" ihrer Computerverfahren und deren Gewichtung kenntlich machen, fordern Bund und Länder von der EU-Kommission. Deren Regulierungspläne stehen weitgehend fest.

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Bund und Länder haben sich gemeinsam für eine europäische Initiative ausgesprochen, mit der Online-Plattformen zu mehr Transparenz verdonnert werden sollen. "Geschäftlich handelnde" Portale wie Amazon, eBay, Facebook, Google, Spotify oder Twitter sollten demnach künftig "die zentralen Kriterien" verwendeter Algorithmen und deren Gewichtung kenntlich machen und Informationen über deren Funktionsweise "in verständlicher Sprache aufbereiten", heißt es in einem Positionspapier für die EU-Kommission vom Dienstag.

Nutzer müssten zudem darüber aufgeklärt werden, wenn sich die Berechungsverfahren ändern. Verbrauchersouveränität Für Plattformen mit "Such- und Empfehlungsfunktion" bringen Bund und Länder weitere Infopflichten ins Spiel. Diese müssten demnach auch die relevanten Merkmale offenbaren, die über den Zugang zu und den Verbleib auf dem Dienst entscheiden.

Darüber hinaus sollen sie bekannt geben, ob eigene Inhalte oder Content von Dritten bevorzugt oder gesponsert werden. Kenntlich zu machen sei, ob Inhalte "aus weltanschaulicher, religiöser oder politischer Motivation heraus" privilegiert, nachgeordnet oder gar nicht dargestellt würden. Um die "Verbrauchersouveränität" sicherzustellen, seien zudem Wechsel von einem Dienst zum anderen durch "Datenportabilität und Interoperabilität" anzustreben, ist in der Eingabe nachzulesen.

Generell müsse das Recht auf Privatsphäre geachtet werden, auch wenn der Stellenwert insbesondere personenbezogener Informationen im Big-Data-Zeitalter "enorm an Bedeutung gewonnen" habe. Mit dem Datenschutz sollten Regeln zur IT-Sicherheit "Hand in Hand gehen". Die staatlichen Regulierer hierzulande verweisen auf "Konzentrationstendenzen" und Netzwerkeffekte bei Online-Plattformen, aus denen sich Gefahren für Nutzer und Kreative ergeben könnten.

Urheber etwa hätten es möglicherweise schwerer, mit den Platzhirschen unter den Musik- und Videoportalen eine "faire Vergütung" auszuhandeln. Die Kunden sähen sich oft plötzlich mit "geschlossenen Ökosystemen mit normierten Angeboten" gegenüber. Es sei aber noch zu prüfen, ob der Gesetzgeber diesen Problemen mit dem Urheberrecht oder Instrumenten des Wettbewerbsrechts zu Leibe rücken sollte.

Die europäischen Haftungsprivilegien für Zugangs- und Speicherplatzanbieter haben sich nach Ansicht der Verfasser "grundsätzlich bewährt". Copyright-Schwierigkeiten mit Plattformen sollten gesondert angegangen werden. Bei der Störerhaftung sei sorgfältig zu analysieren, "welche Maßnahmen gegen welche Akteure im Internet sinnvoll und angemessen sind". Provider verfolgten im Netz prinzipiell "notwendige und legitime Geschäftsmodelle".

In der Sharing Economy will Deutschland vor allem "Graubereiche verhindern, in denen die abgabenrechtlichen, arbeitnehmerrechtlichen und regulatorischen Auflagen sowie Verbraucherrechte unterlaufen werden können". Bei sogenannten Over-the-Top-Akteuren wie Skype oder WhatsApp, die klassische Telekommunikationsdienste ersetzen, drängen Bund und Länder auf "gleiche Spielregeln" etwa für "digitale Neutralität, Portabilität, Interoperabilität und Offenheit von Plattformen".

Generell müsse "das Internet als Raum persönlicher Freiheit und Vielfalt erhalten bleiben". Die Stellungnahme kommt reichlich spät, da die einschlägige Konsultation eigentlich bereits abgelaufen ist und elf andere EU-Länder vorab gegen schärfere Vorschriften für Portale im Web votiert hatten. Die Kommission hat auch schon einen Entwurf für einen einschlägigen Regulierungsrahmen fertig, den "Politico" veröffentlicht hat.

Der Bürgerrechtsorganisation European Digital Rights (Edri) stößt dabei besonders übel auf, dass quasi allen Plattformen unterstellt werde, geschützte Inhalte "verfügbar" zu machen, und die Kommission daher an der Vergütungsschraube drehen wolle. Zudem bringe der Brüsseler Ansatz nichts, im Kampf etwa gegen Hassbotschaften im Netz auf "effektive freiwillige Aktionen" der Betreiber zu setzen. Dies alles laufe auf ein komplett durchgefiltertes und überwachtes Netz hinaus. (kbe)