Kommentar: Mit der Novelle des EEG hält planlose Planwirtschaft Einzug

Die Bundesregierung verkauft ihre EEG-Reform als Maßnahme für mehr Marktwirtschaft. Dabei hat sie vor allem ein Refugium für Kohle geschaffen. Das nutzt nicht einmal den großen Stromkonzernen, sagt TR-Redakteur Gregor Honsel.

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Erneuerbare Energien

(Bild: Petit_louis / Flickr / cc-by-2.0)

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Die Bundesregierung tut so, als würde mit der am Mittwoch vom Kabinett verabschiedeten Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) nun endlich Marktwirtschaft einziehen in die Förderung des Ökostroms. Das ist – mit Verlaub – Bullshit.

Eine Analyse von Gregor Honsel zum EEG

Gregor Honsel ist TR-Redakteur und hält die Reform des EEG für eine Mogelpackung.

Zwar wird es künftig nur noch in Ausnahmefällen feste Einspeisetarife geben. Alle anderen Anbieter müssen sich in Auktionen um die Förderung bemühen. Doch das ist allenfalls Pseudo-Marktwirtschaft, denn hier machen sich die Anbieter von Photovoltaik-Freiflächenanlagen und Windparks lediglich gegenseitig Konkurrenz. Ein wirklicher Wettbewerb zwischen den verschiedenen Energiequellen findet nicht statt, weil die Bundesregierung in schönster planwirtschaftlicher Manier festgelegt hat, wer wieviel zubauen darf. Bei der Windkraft an Land sind das bis 2017 beispielsweise 2800 Megawatt pro Jahr (brutto, also einschließlich der Ersetzung bestehender Anlagen). Zum Vergleich: Allein die Photovoltaik konnte in ihren besten Zeiten mehr als 7000 Megawatt pro Jahr zulegen; bei der Windkraft an Land wurden 2014 knapp 5000 Megawatt neu installiert.

Das bedeutet: Die Erneuerbaren können so günstig werden wie sie wollen, sie können andere Energieträger nie über den definierten engen Korridor hinaus verdrängen. Tatsächlich hat die Regierung also ein Refugium für die Kohle geschaffen.

Begründet wird dies durch die Kosten für die EEG-Umlage und den fehlenden Netzausbau. Beide Argumente sind wiederum einfach Bullshit. Wenn es der Regierung tatsächlich um die Kosten ginge, würde sie nicht ausgerechnet die preiswerteste erneuerbare Quelle, nämlich Onshore-Windkraft, derart ausbremsen.

Auch der fehlende Netzausbau ist ein Pseudo-Argument. Erstens sind es vor allem unflexible Kohlekraftwerke, welche die Stromtrassen blockieren. Zweitens gibt es Mittel und Wege, die Erneuerbaren auch ohne massiven Netzausbau zu integrieren. Zum Beispiel durch eine stärkere Förderung von Photovoltaik in Ost-West-Ausrichtung oder von Windrädern an windschwachen Standorten. Dann könnte der Strom näher an den großen Verbrauchern in Süddeutschland erzeugt werden. Der niedrigere Ertrag würde durch die vermiedenen Netzkosten kompensiert.

Ein weiterer Witz der deutschen Energiepolitik ist es, dass Stromspeicher immer noch als "Letztverbraucher" eingestuft werden und ihre Betreiber deshalb entsprechende Gebühren und Steuern zahlen müssen. Das zu ändern wäre eine einfache, kurzfristige Maßnahme, die Erneuerbaren besser einzubinden, ohne auf den langwierigen Netzausbau zu warten. Aber die Koalition will offenbar einfach nicht. Wohl aus Angst, den angeschlagenen Energiekonzernen zu sehr auf die Füße zu treten.

Dabei ist denen mit dieser verhuschten Politik nicht einmal wirklich geholfen. Es ist klar, dass sie sich früher oder später ohnehin von ihren Kohlekraftwerken werden trennen müssen. Und womit sollen sie dann ihr Geld verdienen, wenn nicht mit Erneuerbaren? Doch mit diesem lächerlich engen Ausbaukorridor dürfte es für sie schwer werden, das Standbein zu wechseln.

Unter dem Deckmantel der Marktwirtschaft betreibt die Bundesregierung unverblümte Planwirtschaft und Klientelpolitik. Noch ärgerlicher: Es ist auch noch planlose Planwirtschaft. (jle)