E-Mail-Affäre: FBI will Hillary Clinton nicht anklagen

Als Außenministerin hat Hillary Clinton Staatsgeheimnisse gefährdet, indem sie einen privaten E-Mail-Server nutzte. Das FBI will sie trotzdem nicht anklagen. Das letzte Wort hat die Justizministerin.

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Hillary Rodham Clinton

Eine Anklage hätte Clintons Anwärterschaft auf das Präsidentenamt gefährdet.

(Bild: Frank Plitt CC-BY 3.0 (Ausschnitt))

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Inhaltsverzeichnis

Während ihrer Zeit als US-Außenministerin hat Hillary Rodham Clinton Staatsgeheimnisse gefährdet, über mehrere unsichere Systeme übertragen und teils ohne Kennzeichnung mit Dritten geteilt. Dabei benutzte sie über die Jahre mehrere Handys und nicht-professionelle E-Mail-Server. Die verschiedene Administratoren löschten die Daten nach Aussonderung der Geräte auch nicht ordentlich. Das hat das FBI in einer aufwändigen Untersuchung festgestellt. Trotzdem spricht es sich gegen eine Anklage aus.

James B. Comey bei seiner Rede am Dienstag

(Bild: FBI)

FBI-Chef James Comey hat am Dienstag persönlich über den Fall resümiert und Clinton als "extrem leichtsinnig" kritisiert. Er berichtete über den hohen Aufwand, den das FBI getrieben hat, die dabei gewonnenen Ergebnisse, und die Gründe, keine Anklage zu empfehlen. Nach US-Bundesrecht ist es ein Verbrechen, als geheim eingestufte Informationen nachlässig zu behandeln, wenn das vorsätzlich oder grob fahrlässig geschieht.

Außerdem ist es eine Straftat, als geheim eingestufte Informationen aus den zulässigen Systemen zu entnehmen. Darüber hinaus müssen Unterlagen öffentlicher Amtsträger archiviert werden, was der historischen Analyse und Kontrolle dient. Das hat Clinton durch den Einsatz ihrer Amateursysteme unmöglich gemacht. Die Entscheidung, ob Clinton angeklagt wird, liegt bei der Generalstaatsanwältin und Justizministerin Loretta Lynch.

60.000 E-Mails waren noch als solche vorhanden. Clintons Anwälte stufte etwa die Hälfte als "privat" ein und löschte diese so professionell, dass eine forensische Untersuchung unmöglich geworden sei, so Comey. Die andere Hälfte übergaben die Anwälte dem FBI, dessen Ermittler alle 30.000 E-Mails lesen mussten. Comey wollte nicht ausschließen, dass Clintons Anwälte auch einige nicht-private Nachrichten gelöscht hätten; er glaubt aber nicht, dass das absichtlich geschehen wäre.

Außerdem fand das FBI Tausende E-Mails oder -Fragmente in nicht ordentlich gelöschten Datenspeichern sowie in Regierungsarchiven. Diese Archive umfassen, korrekterweise, die Mailboxen jener Regierungsbediensteten, mit denen Clinton korrespondiert hat. Auf E-Mail-Archive von Korrespondenzpartnern mit Nicht-Regierungsservern hatte das FBI keinen Zugriff.

Justizministerin Loretta E. Lynch inspiziert den Nachtclub Pulse nach dem scheußlichen Anschlag.

(Bild: DoJ)

Unter den vom FBI und anderen zuständigen Geheimdiensten begutachteten E-Mails enthielten 110 als geheim eingestufte Inhalte. Sie waren über 52 E-Mail-Threads verstreut. Acht dieser Threads enthielten Informationen, die zum Zeitpunkt des E-Mail-Versands "Top Secret" waren. Dazu kamen 36 "Secret" und acht "Confidential". 2.000 weitere E-Mails enthielten Daten, die zum Zeitpunkt des Versands nicht als geheim eingestuft aber doch so sensibel waren, so dass sie inzwischen auf Confidential "hinaufgestuft" wurden.

Einen Beweis, dass Clintons Systeme gehackt wurden, hat das FBI nicht gefunden. Aber, so Comey, es sei auch unwahrscheinlich, dass sich solche Beweise finden lassen würden. Sehr wohl sei aber bewiesen, dass sich "feindliche Akteure" Zugang zu E-Mail-Konten von Personen verschafft haben, mit denen Clinton regelmäßig kommuniziert habe.

"Wir stellen auch fest, dass Ministerin Clintons Einsatz privater E-Mail-Domains sowohl einer großen Zahl von Menschen bekannt als auch offensichtlich war", sagte Comey. "Sie hat ihre persönlichen E-Mail-Dienste auch außerhalb der USA intensiv genutzt, auch [zum Versand und Empfang] arbeitsbezogener E-Mails in Territorien hochentwickelter Gegner." Das Verhalten der Außenministerin beschrieb der FBI-Chef als "extrem leichtsinnig" ("extremely careless").

Schlagseite aus der c't 12/2016

(Bild: CC-BY-NC-ND 3.0)

"Obwohl es Beweise für mögliche Verletzungen der Gesetze über die Handhabung geheimer Informationen gibt, ist unsere Einschätzung, dass kein vernünftiger Ankläger so einen Fall vorbringen würde", sagte Comey. Zu den entscheidenden Faktoren zählten Beweiskraft, insbesondere hinsichtlich des Vorsatzes, der Kontext der Tat und wie ähnliche Fälle bisher gehandhabt worden seien.

Es habe in der Vergangenheit keinen vergleichbaren Fall gegeben, in dem Anklage erhoben worden wäre. Bei Anklagen seien stets deutliche Absicht oder Vorsatz oder Absicht gegeben gewesen, oder sehr große Mengen geheimer Dokumente, oder Hinweise auf Disloyalität zu den Vereinigten Staaten, oder Versuche, die Justiz zu behindern. "Diese Dinge sehen wir hier nicht", stellte Comey fest.

Abschließend betonte er, dass das FBI unbeeinflusst ermittelt habe. "Ich könnte nicht stolzer sein, Teil dieser Organisation zu sein", schloss Comey seine Ausführungen. Der Ball liegt nun bei Justizministerin Lynch. Es wäre allerdings eine große Überraschung, sollte sie entgegen der Empfehlung des FBI Anklage gegen Hillary Clinton erheben. (ds)