Megaprocessor: So sieht eine handgebaute 16-Bit-CPU aus 42.300 Transistoren aus

Der Megaprocessor trägt seinen Namen zu Recht: Was sich sonst auf wenigen Quadratmillimetern im Computer abspielt, entfaltet das Werk eines britischen Bastlers auf 10 Metern Länge und 2 Metern Höhe zu voller Pracht.

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Megaprocessor

(Bild: Screenshot aus dem eingebundenen Video)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Peter König

Das Klischee sagt den Briten ja einen gewissen Hang zur Exzentrizität nach – für die Maker jenseits des Ärmelkanals scheint sich dies auch immer wieder zu bewahrheiten. Sei es die Frühstücksmaschine à la Wallace & Gromit, der mannshohe Zauberwürfel, das fliegende Motorrad oder die Flugmaschine mit 54 Rotoren – alle diese Prachtstücke skurrilen Erfindergeistes sind Made in Great Britain.

Das jüngst fertiggestellte Projekt des Bastlers James Newman aus Cambridge braucht sich hinter all den vorgenannten Werken nicht zu verstecken – das wäre auch schwierig, denn immerhin misst das fertige Objekt rund 10 Meter in der Länge und 2 Meter in der Höhe. Deshalb trägt es den Titel Megaprocessor, denn genau darum handelt es sich: Ein 16-Bit-Mikroprozessor, komplett nachgebaut aus einzelnen Transistoren (15.300 Stück für den Prozessor und 27.000 Stück für die 256 Byte(!) RAM).

Der Bau dauerte mehrere Jahre, die Gesamtkosten betrugen nach James' Schätzung rund 40.000 britische Pfund (etwa 47.000 Euro). Das System verteilt sich auf diverse aufrecht stehende Rahmen aus Aluminium-Profilen; die Platinen darin sind mit jenen der anderen Rahmen durch viele Flachbandkabel verbunden. Für den Speicher gibt es eine Visualisierung durch eine LED-Matrix in Türgröße, auf der sich durchaus auch eine Partie Tetris spielen lässt. Im Betrieb nimmt der Megaprocessor rund 500 Watt Leistung auf.

Eine Panorama-Aufnahme des Megaprocessors

(Bild: megaprocessor.com)

Durch die verwendeten diskreten Bauteile misst die Platine des 8-Bit-Addierers rund einen Fuß (etwa 30 cm). Das gesamte System arbeitet mit fünf solcher Addierer.

(Bild: megaprocessor.com)

Auf der ausführlichen Webseite zum Projekt gibt es unter anderem ein ZIP-Archiv zum Download, das einen Simulator für den Megaprocessor samt Beispielprogrammen enthält.

Bleibt die Frage: Warum tut man sowas? James Newman gibt auf seiner Webseite eine kurze und eine lange Antwort. Die kurze – "weil ich will" – passt wieder splendid ins Briten-Klischee (siehe oben).

Dem Megaprocessor kann man beim Rechnen zusehen.

Die lange lautet sinngemäß: In moderne, hoch integrierte Computer kann man nicht hineinschauen und man kann sich auch nicht selbst so sehr verkleinern, dass man die Vorgänge im Inneren sehen könnte. Deshalb ist der Tüftler den umgekehrten Weg gegangen und hat statt dessen den Mikroprozessor vergrößert. Außerdem lässt sich der Takt des Systems von rund 20 kHz bei Bedarf so stark drosseln, dass man dem Prozessor buchstäblich Zyklus für Zyklus beim Arbeiten zusehen kann.

Ähnliche Motive trieben auch Eric Schlaepfer und Windell Oskay beim Bau ihres MOnSter 6502 an, jedoch bringt es ihr 7000-fach vergrößerter Nachbau des klassischen Home-Computer-Chips nur auf eine vergleichsweise bescheidene Fläche von 30 cm × 40 cm. Der Rekord für den größten lauffähigen Mikroprozessor der Welt dürfte aktuell wieder nach Großbritannien gehen. Wer sich für dessen technische Details interessiert, findet auf YouTube eine ganze Reihe an Videos, in denen James Newman den Megaprocessor erklärt:

(pek)