Netzwerk Recherche: Facebook erhält Negativpreis "Verschlossene Auster" wegen Umgang mit Hate Speech

Der Journalistenverein Netzwerk Recherche hat Facebook zum "Informationsblockierer des Jahres" gekürt. Er will damit auf den "intransparenten Umgang" des sozialen Netzwerks mit Hasskommentaren aufmerksam machen.

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Netzwerk Recherche: Facebook erhält Negativpreis "Verschlossene Auster" wegen Umgang mit Hate Speech
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Facebook kann sich künftig ebenbürtig mit Atomkonzernen, der Katholischen Kirche, Wladimir Putin, der Rüstungsfirma Heckler & Koch, Ex-Innenminister Otto Schily (SPD) oder dem früheren Bahn- und Berliner-Flughafen-Chef Hartmut Mehdorn fühlen: Nach den Genannten hat nun auch der US-Konzern den Negativpreis Verschlossene Auster zuerkannt bekommen, den die Journalistenorganisation Netzwerk Recherche jährlich an den "Informationsblockierer des Jahres" verleiht.

Will nicht jeder haben, auch Facebook nicht: die "Verschlossene Auster". Das Social Network fühlt sich durch die Verleihung des Negativ-Preises ungerecht behandelt und kam der Einladung zur Preisverleihung nicht nach.

Das soziale Netzwerk erhält die wenig schmeichelhafte Auszeichnung dem Verein nach für seinen "intransparenten Umgang mit Hasskommentaren". Dass Menschen Facebook für Online-Hetze missbrauchten, liege zwar nicht in der Verantwortung des Unternehmens, hieß es zur Begründung. "Wie die Firma dagegen vorgeht allerdings schon." An diesem Punkt sei nicht erkennbar geworden, ob, wann und welchen Kriterien Facebook Hass-Postings lösche. Nachforschungen auch von Journalisten dazu seien weitgehend ins Leere gelaufen.

Die Internet-Plattform sei zum "Katalysator für den Hass" geworden, monierte der frühere schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert in seiner "Laudatio". Über Facebook werde gegen Flüchtlinge, Politiker, Journalisten oder demokratisch engagierte Menschen gehetzt "und das Medium lässt dies geschehen". Zwar habe der Konzern nach massivem medialem und politischem Druck Ende des Jahres ein "Löschteam" der Firma Arvato mit angeblich 300 Helfern beauftragt, rassistische, Gewalt verherrlichende, diskriminierende und fremdenfeindliche Inhalte zu entfernen. Wie das geschehe, bleibe aber bis heute im Dunkeln. Facebook sei daher "das bevorzugte Instrument für Hasspropaganda geblieben".

Das Geschäftsmodell des sozialen Netzwerks "basiert darauf, dass unkontrolliert Meinungen verbreitet werden", beklagte Weichert. "Dabei werden Daten gesammelt und kommerziell verwertet." Kontrolle wären für diesen Ansatz Gift. Das Netzwerk Recherche fordere daher den Konzern zu Recht auf, "umzudenken und endlich Transparenz herzustellen".

Facebook lehnte die Einladung der Journalisten zu ihrer Jahreskonferenz nach Hamburg ab. Das Unternehmen widerspreche in einigen Punkten und könne "somit die 'Verschlossene Auster' nicht annehmen", teilte Sprecherin Tina Kulow mit. Seit Herbst 2015 habe die Plattform "eine Vielzahl an Maßnahmen im Kampf gegen Hasskommentare und Hetze ergriffen". Facebook informiere darüber "permanent, offen und transparent". Zuletzt riefen Politiker wie Justizminister Heiko Maas (SPD) oder die grüne Rechtspolitikerin Renate Künast die Kalifornier zur Verantwortung. (jk)