5G: Telcos machen mobil gegen Netzneutralität

Die EU-Kommission schmiedet Pläne für die nächste Netzgeneration. In 5G sieht Brüssel eine Chance für europäische Technologieführerschaft. Die Telco-Branche stellt Bedingungen.

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5G: Telcos machen mobil gegen Netzneutralität

(Bild: EU-Kommission)

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Am Montagabend ist eine Konsultation der EU-Kommission zur nächsten Netzgeneration 5G zu Ende gegangen. Brüssel hat darin betroffenen Unternehmen und Verwaltungen sowie den Bürgern Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Ergebnisse der Umfrage sollen in einen Aktionsplan zum Aufbau der 5G-Infrastruktur einfließen, den Digitalkommissar Günther Oettinger im September vorstellen will. In der vergangenen Woche hatten Vertreter der Telekommunikationsbranche mit einem "5G Manifest" an die Kommission appelliert, 5G könne nur mit weniger Regulierung und weniger Netzneutralität gelingen.

Die Liste der Erstunterzeichner dieses Manifests liest sich wie das "Who is Who" der Branche: Die CEOs der europäischen Ex-Monopolisten – darunter Telekom-Chef Tim Höttges und Telefónica-CEO José María Álvarez-Pallete – haben das siebenseitige Papier ebenso unterzeichnet wie Rajeev Suri von Nokia und Ericsson-CEO Hans Vestberg. Sie fordern andere Telcos, Ausrüster und auf die Netze der Zukunft angewiesene Branchen auf, sich anzuschließen.

Die Branche macht der Kommission ein Angebot: Bis 2018 bauen wir erste Testnetze auf, 2020 soll es dann in mindestens einer Großstadt der Mitgliedsländer 5G geben. Das ist das Jahr, in dem die nächste Fußball-Europameisterschaft in verschiedenen europäischen Städten stattfindet. Diese europäische Sportveranstaltung nennt Kommissar Oettinger gerne als ideale Gelegenheit für eine 5G-Demonstration. Denn der EU geht es bei 5G um mehr als nur schnelle Netze. Die Kommission wittert eine Chance für die europäische Industrie, die Technologieführerschaft bei der nächsten Netzgeneration zu übernehmen.

Mit 5G will Brüssel den Rückstand gegenüber den USA und asiatischen Ländern verkürzen. So ist auch unter Oettingers Vorgängerin Neelie Kroes die Idee entstanden, die europäischen Ex-Monopolisten zu "nationalen Champions" aufzupäppeln, damit sie im globalen Wettbewerb bestehen können. Bei Oettinger war das zunächst auf fruchtbaren Boden gefallen, doch hat die Kommission im Vectoring-Streit zuletzt auch gezeigt, dass sie gegen die nationalen Riesen handlungsfähig ist.

In den 5G-Wünschen der Kommission sehen die großen Carrier und Ausrüster eine Chance, sich der lästigen Regulierung zu entledigen. Im Manifest liest sich das so: Die Unterzeichner wünschen sich "ein Regulierungsumfeld, das Investitionen sowie Forschung und Entwicklung verstärkt berücksichtigt". Wie das konkret aussehen kann, führen die Telcos auch aus: Weniger Netzneutralität.

"Die Telecom-Branche warnt, dass die aktuellen Richtlinien für Netzneutralität, wie sie das europäische Gremium der Regulierungsbehörden (Berec) vorschlägt, signifikante Unsicherheiten für die Rentabilität von 5G schaffen", heißt es in dem Manifest. Berec hatte Anfang Juni Leitlinien für die nationale Umsetzung der Netzneutralität auf Grundlage der die EU-Verordnung zum digitalen europäischen Binnenmarkt vorgestellt. Noch bis Montag, dem 18. Juli, können Branchenvertreter und Bürger dazu Stellung nehmen.

Die nationalen Regulierungsbehörden müssten langfristigen Nutzen und Innovationen im Blick haben anstatt nur niedrige Verbraucherpreise, heißt es in dem Manifest weiter. Die Telcos fordern "weniger und einfachere Regeln" für den Zugang zu Monopolinfrastrukturen. Regulierung solle wenn möglich nur bei Auswüchsen eingreifen und nicht vorab die Preise diktieren.

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Die Unterzeichner des Manifests fordern darüber hinaus EU-Förderprogramme für die Technik-Demos, geeignetes Spektrum für die Funkkomponenten der künftigen 5G-Infrastruktur und international abgestimmte Fahrpläne. Dabei sollen auch Branchen einbezogen werden, die künftig besonders auf 5G-Infrastrukturen angewiesen sein dürften – unter anderem sind das Transport und Logistik, Automobilbranche sowie das Gesundheitswesen.

Oettinger begrüßte das Manifest und will es nun für seinen Aktionsplan berücksichtigen. (vbr)