Vor 25 Jahren: Das WWW taucht im Usenet auf

Das Internet feiert wieder einmal einen seiner vielen Geburtstage: Auf den Tag genau vor 25 Jahren stellte Tim Berners-Lee das Projekt WorldWideWeb in der Usenet-Gruppe alt.hypertext vor.

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Vor 25 Jahren: Das WWW taucht im Usenet auf

Weltweit verknüpft

(Bild: Facebook)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Detlef Borchers
Inhaltsverzeichnis

Genau vor 25 Jahren antwortete der am Genfer CERN beschäftigte Informatiker und Physiker Tim Berners-Lee auf die in alt.hypertext gestellte Frage zum Entwicklungsstand bei Hypertext-Systemen mit einer kurzen Beschreibung des Projekts WorldWideWeb. Wenige Stunden später schickte er eine "Executive Summary" des Projektes an die Usenet-Gruppe, die mit http://info.cern.ch/hypertext/WWW/TheProject.html den Verweis auf die Ur-Website enthält, die am 13. November 1990 installiert worden war.

Das Usenet mit seinen Newsgroups (in Mailbox-Systemen auch Foren genannt) ist seit jeher ein Ort, an dem man ausgiebig über alles Mögliche und Unmögliche diskutieren konnte. Die Frage nach Hypertext-Systemen, die Querverweise und Verlinkungen innerhalb verschiedenster Texte bilden, gehörte seit Jahren dazu, ehe Berners-Lee dort postete. Einen ersten Höhepunkt erreichte die Debatte, als im Jahre 1987 Apples Hypercard erschien. So beschäftigte sich der "Cypherpunk" John Gilmore schon 1987 mit der Frage, ob innerhalb des Usenet eine Hypertext-Verlinkung aufgebaut werden könnte.Den Höhepunkt der kritischen Auseinandersetzung mit Hapertext als Ausdrucksmittel der Cyberpunks, Hacker und Anarchisten wurde 1990 erreicht, als Gareth Branwyn erstmals das im Hypercard realisierte Manifest Beyond Cyberpunk! veröffentlichte, eine massive Textsammlung von 5,5 Megabyte.

Tim Berners-Lee beschäftigte sich am Genfer Kernforschungszentrum CERN frühzeitig mit Hypertext-Systemen, mit denen die ausufernde Forschungsliteratur der Physiker besser erschlossen werden sollte. Im Jahre 1980 entwarf er die Software Enquire, die man aus heutiger Sicht als Wiki beschreiben kann. Er verließ bald darauf das CERN, kehrte aber 1984 zurück, um am SGML-basierten Dokumentationssystem CERNDOC zu arbeiten. Die Unzulänglichkeiten dieses Systems brachten ihn dazu, 1989 einen Vorschlag zur Fortentwicklung einzureichen, der zu den Anfängen des World Wide Webs gerechnet wird. Dieser Vorschlag nennt ausdrücklich das von Ted Nelson entwickelte Xanadu, das jedoch niemals fertiggestellt wurde.

Das einfacher konzipierte Projekt WorldWideWeb von Berners-Lee gewann hingegen schnell an Fahrt, auch weil dieser nach dem Kauf einer NeXT-Station über einen entsprechend leistungsfähigen Rechner verfügen konnte. Nachdem im November 1990 die erste Website lief und für andere Rechner der erste Browser verfügbar war, machte sich Berners-Lee daran, sein System zu propagieren. So gab er vor der nun gefeierten Newsgroup-Vorstellung im Usenet im CERN ein Seminar für seine Kollegen und ging mit seiner Idee auf Touren.

Neben den Diskussionen um seinen Hypertext-Ansatz im Usenet öffnete Berners-Lee im Oktober 1991 die Mailingliste WWW-Talk und besuchte mit seinem NeXT die Hypertext-Konferenz in San Antonio. Dort hatte man sein Referat über das WorldWideWeb zwar abgelehnt, aber er hatte einen Demo-Tisch bekommen, an dem er das System vorführte. Früh setzte Kritik an seinem Hypertext-Ansatz ein. Die lauteste kam von Ted Nelson, der das Projekt WorldWideWeb als Klon seiner Idee ansah. In seiner Autobiographie "Possiplex" schrieb Nelson 2011, dass die von Berners-Lee gefundene Lösung namens HTML 15 Jahre seines Lebens zerstört habe.

Zwar halte er Berners-Lee für einen ehrenwerten Mann und soliden Programmierer, doch: "Der Web-Browser ist teuflischerweise erdacht worden, um alles zu zerstören, an das ich glaube und wofür ich gearbeitet habe". Tim Berners-Lee dachte übrigens selber, dass sein Ansatz nicht für die Ewigkeit geeignet ist. Auf der dritten Web-Konferenz im Dezember 1995 sprach er als Direktor des World Wide Web Consortiums in der Keynote über das, was in den nächsten fünf Jahren im Web passieren wird: "Spätestens in fünf Jahren wird es keinen Browser mehr geben." (mho)