Mit Reklametechnik gegen den IS

Das Weiße Haus versucht mit neuen Algorithmen, Terrorsympathisanten im Internet aufzuhalten. Google hilft dabei.

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Von
  • Tom Simonite
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Software für das sogenannte Ad-Targeting steckt hinter dem enormen Wachstum (und den dazugehörigen Profiten) von Internetriesen wie Google oder Facebook. Jen Easterly, ihres Zeichens Special Assistant on Counterterrorism von US-Präsident Barack Obama, will die Technologie nun im Kampf gegen den Islamischen Staat nutzen.

So gibt es momentan ein Pilotprojekt bei Google, bei dem Personen, die nach Dingen suchen, die Rückschlüsse auf IS-Sympathien zulassen, Links zu YouTube-Videos serviert bekommen, in denen frühere Extremisten sowie Oberhäupter der muslimischen Community sich gegen die Terroristen aussprechen – auf Englisch und Arabisch. Easterly lobte das Vorhaben während eines Auftritts bei der Netzwerkfirma Cloudflare kürzlich ausdrücklich, betonte aber auch, dass sie keinen Druck auf die Internetkonzerne ausüben möchte.

"Das war eine interessante Idee, von der ich glaube, dass sie einigen Erfolg hatte", so Easterly. "Projekte wie diese klingen für mich nach einer großartigen Idee." Neben ihrem Job als Anti-Terror-Beraterin von Präsident Obama ist die Expertin auch noch leitende Direktorin für den Bereich Terrorismusbekämpfung beim National Security Council.

Easterly und andere Terrorexperten außerhalb der US-Regierung sagen, dass eine kluge Propaganda seitens des IS insbesondere im Social-Media-Bereich seinen Aufstieg vorangetrieben hat – und zwar signifikant. Professionell produzierte Videos und Kampagnen auf Twitter und weiteren Diensten sorgten dafür, dass Unterstützer ins Kampfgebiet der Terrormiliz gelockt wurden, es zur Bildung von Satellitenorganisationen in anderen Ländern kam und Anschläge wie die von Paris oder Brüssel (mit)inspirierten.

Googles Versuche, seine Anzeigentechnologie nun zur Bekehrung von IS-Sympathisanten einzusetzen, scheinen ihren Ausgang bei einem Treffen von US-Regierungsbeamten mit dem Technikkonzern genommen zu haben. Dabei ging es um die Frage, wie Google im Kampf gegen den IS helfen könnte. Ausgangspunkt waren die Anschläge im kalifornischen San Bernardino, wo im vergangenen Jahr zwei IS-Sympathisanten 14 Menschen erschossen hatten. Kurz danach trafen sich hohe Regierungsvertreter mit dem Management mehrerer großer IT-Konzerne, um zu diskutieren, wie sich die Online-Aktivitäten der Terrororganisation am besten unterbinden lassen.

Seit dem Gipfeltreffen hat unter anderem Twitter seine Bemühungen intensiviert, IS-Unterstützern gegenüber weniger gastfreundlich zu sein. Im August gab der Kurznachrichtendienst an, er habe seit Mitte 2015 gut 360.000 Accounts gesperrt, die Terrorpropaganda wiedergaben.

Silicon-Valley-Firmen wie Google und Twitter haben lange darauf beharrt, nicht dafür verantwortlich zu sein, was die Nutzer auf ihren Plattformen taten (und sagten). Das Weiße Haus ist sich dieser Problematik durchaus bewusst: Wenn die Technikkonzerne gegen Terroristen helfen, tangiere das viele komplexe Fragen im Bereich der freien Meinungsäußerung, so die Obama-Regierung

Gleichzeitig lässt sich aber auch eine gesetzgeberische Drohkulisse aufbauen: Stoppen die Konzerne Aktivitäten von Terroristen nicht, könnten sie sich im Widerspruch zu strafbewährten Regelungen befinden, die die "Unterstützung" solcher Gruppierungen untersagen.

Bei Google ist man mittlerweile dabei, eine aktivere Rolle zu übernehmen, was die Bekämpfung problematischer Inhalte anbetrifft – wenn auch in einem ganz anderen Bereich: Kürzlich beschloss der Konzern, keine Werbung von Anbietern von Wucherkrediten mehr anzunehmen. (bsc)