Digitalisierung belastet Familienleben und Gesundheit

Eine Studie der Universität St. Gallen legt dar, dass die zunehmende Digitalisierung unter anderem zu Erschöpfung und Einschlafschwierigkeiten beitragen kann. Bundesarbeitsministerin Nahles rät aber davon ab, in eine Angststarre zu verfallen.

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Digitalisierung belastet Familienleben und Gesundheit
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Inhaltsverzeichnis

Digitalisierung und ständige Erreichbarkeit können laut einer neuen Studie das Familienleben und die Gesundheit stark belasten. Vor allem Jüngere sehen neue Techniken im Job aber auch positiv. Das zeigt eine am Dienstag in Berlin vorgestellte Studie der Universität St. Gallen.

Für die Studie mit dem Titel "Auswirkungen der Digitalisierung der Arbeit auf die Gesundheit von Beschäftigten" wurden mehr als 8.000 Arbeitnehmer im Juli und August dieses Jahres online befragt. Sie entstand im Auftrag der Krankenkasse Barmer GEK in Kooperation mit der Zeitung Bild am Sonntag. Die Deutsche Telekom trat als Projektpartner auf.

Die Studie wurde auf Grundlage einer Online-Befragung erstellt

(Bild: Barmer GEK/ Universität St. Gallen)

Der Studienleiter, Prof. Dr. Stephan Böhm, erklärte bei der Präsentation, dass die Digitalisierung "voll in der Erwerbsbevölkerung angekommen" sei. Die Unterschiede zwischen einzelnen Berufen und Branchen fielen dabei eher gering aus. Spitzenreiter beim sogenannten Digitalisierungs-Score sind demnach laut Studie IT- und naturwissenschaftliche Berufe mit 62 Prozent. Schlusslicht sind Reinigungsberufe mit immerhin noch 37 Prozent.

Die Digitalisierung der Arbeitswelt bringe eine Reihe von Belastungen mit sich. Dazu gehören etwa Einschlafschwierigkeiten, körperliche Schmerzen sowie emotionale Erschöpfung. Insgesamt 23 Prozent der Befragten gaben an, dass sie sich durch ihre Arbeit ausgebrannt fühlten. "Außerdem hängen 18 Prozent aller Konflikte zwischen Arbeit und Familie mit der Digitalisierung zusammen," erläuterte Böhm.

Vor allem Führungskräfte und jüngere Berufstätige verspüren laut Studie einen überdurchschnittlichen Digitalisierungsdruck. Die Angst vor Arbeitsplatzverlust durch Technik nehme aber mit zunehmendem Alter ab: Während in der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen 27 Prozent der Befragten diese Sorge umtreibt, sind es bei den über 60-Jährigen noch 12 Prozent.

Veränderung der Arbeitswelt

(Bild: Barmer GEK/ Universität St. Gallen)

Trotz der negativen Begleiterscheinungen stehe die Mehrheit der Befragten der Digitalisierung optimistisch gegenüber. Zwischen 51 Prozent in der Gruppe der über 60-Jährigen und 65 Prozent bei den 18- bis 29-Jährigen äußerten sich positiv über den digitalen Wandel.

Durch "flexible Arbeitszeiten und Arbeitsorte, Sport, Verzicht auf Diensthandy und Dienstcomputer in der Freizeit und eine gute Beziehung zur Führungskraft" könnten die Auswirkungen der Digitalisierung gemildert werden. Es hätte sich gezeigt, dass diese Maßnahmen mit verringerten Arbeits- und Familienkonflikten sowie weniger emotionaler Erschöpfung einhergingen.

Dr. Christian P. Illek, Vorstand Personal der Telekom erklärte, dass die Ergebnisse seine Auffassung bestätigten, "dass die Digitalisierung vor allem eine Frage der Haltung ist." Die Menschen wüssten, dass die Digitalisierung nicht aufzuhalten sei. Dieser Prozess müsse deshalb "aktiv und umsichtig" gestaltet werden. Dort, wo es Ängste und Sorgen gibt, "müssen wir die Menschen begleiten und die Chancen der Digitalisierung überzeugend darstellen."

Andrea Nahles (SPD), Bundesministerin für Arbeit und Soziales, sagte anlässlich der Präsentation, dass neue "Flexibilitätskompromisse" verhandelt werden müssten, "die sowohl den Anforderungen der digitalen Arbeitswelt wie auch den familiären und gesundheitlichen Bedürfnissen der Beschäftigten Rechnung tragen". In eine Angststarre zu verfallen, sei keine Lösung. (kbe)