15 Jahre Windows XP

"Ab heute wird alles leichter", so lautete Microsofts Versprechen, als am 25. Oktober 2001 Windows XP erschien, musikalisch untermalt von Madonnas "Ray of Light". Es dauerte aber einige Jahre, bis das Versprechen tatsächlich eingelöst wurde.

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15 Jahre Windows XP
Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Axel Vahldiek
Inhaltsverzeichnis

Windows XP (abgeleitet von "eXPerience"), das heute 15 Jahre alt wird, spielte unter all den Windows-Versionen, die Microsoft je herausbrachte, eine ganz besondere Rolle. Denn zuvor waren Windows-Versionen mit "New Technology" (NT) Firmenkunden vorbehalten, während sich Privatleute mit den Abstürzen und Aussetzern typischer Windows-9x-PCs herumschlagen mussten. Doch XP wurde der gemeinsame Nachfolger der letzten 9x-Version "Millennium Edition" sowie von Windows 2000 – endlich wurde NT-Technik für alle angeboten.

Windows XP (9 Bilder)

Bei modernen Windows-Versionen kopiert das Setup-Programm einfach ein Image auf die Festplatte. Bei XP war das alles noch weit umständlicher und mit viel mehr Mausklicks verbunden.

Was dann folgte, beschreibt den typischen Hype-Zyklus erfolgreicher neuer Betriebssystemversionen aus Redmond. Anfangs überwog die Skepsis: Die Luna-Oberfläche wurde als Teletubbie-Optik geschmäht und die Zwangsaktivierung verursachte einen riesigen Aufschrei. Letztere hebelte so mancher auf eigene Faust aus, indem er Firmenversionen ohne passende Lizenz einsetzte (FCKGW, Sie wissen schon). Zudem galt XP als ressourcenhungrig und platzgierig – immerhin belegte es rund 2 GByte auf der Platte.

Es gab auch Spionagevorwürfe. Die wurden von Microsoft zwar nie entkräftet, Beweise gab es freilich auch keine. Schnell boten einschlägige Schlangenölverkäufer Werkzeuge an, die solche Funktionen deaktivierten. Viele schossen aber übers Ziel hinaus und schalteten Nützliches wie Zeitsynchronisation, Windows Updates und Fernsteuerung ab. Vor allem das kostenlose XP-AntiSpy genoss einen guten Ruf, bis sein Autor die eingeführte Website zur Tilgung seiner Bafög-Schulden an die Dialer-Mafia verhökerte ...

Doch im Laufe der Zeit änderte sich bei vielen die Haltung gegenüber XP: Irgendwann galt es als durchaus brauchbar. Und als der Support für XP nach diversen Verlängerungen im Jahr 2014 endgültig eingestellt wurde, empfand es so mancher Nutzer als so unersetzbar, dass er es trotz der damit verbundenen Sicherheitsrisiken einfach weiternutzte.

Apropos Sicherheit: Als XP erschien, war die Situation noch schlimmer als heutzutage nach dem Support-Ende. Denn da die Firewall nicht bei allen Arten von Internetverbindungen griff, konnte es durchaus passieren, dass man ein frisches XP aufsetzte, es mit dem Internet verband und nur wenige Minuten später vor einem mit diversen Schädlingen infizierten System saß. Erst mit Service Pack 2 war die Firewall endlich grundsätzlich aktiviert – und das bei einem Windows, das von Anfang an wie selbstverständlich davon ausging, ständig mit dem Internet verbunden zu sein. Einen Virenscanner musste man aber weiterhin selbst nachinstallieren.

Trotzdem war XP einen großer Schritt, vor allem für die gebeutelten 9x-Nutzer, deren System immer noch auf DOS basierte – die Masse der PC-Nutzer stieg aus einer Seifenkiste in ein Fahrzeug der Mittelklasse um. Endlich war dauerhaft stabiles Arbeiten unter Windows auch für sie möglich. Doch auch Microsoft profitierte davon, weil man nun nicht zwei Systeme parallel weiterentwickeln musste.

Anfangs gab es von Windows XP nur zwei Editionen: die "Home Edition" sowie "Professional". Beide waren an sich erst mal identisch, doch hatte Microsoft in der Home-Edition all jene Funktionen deaktiviert, von denen man glaubte, dass sie nur für Firmenkunden interessant seien. Dazu gehörte unter anderem die Benutzerverwaltung in der Computerverwaltung genauso wie die Dateiverschlüsselung EFS. Erst nach ein paar Jahren tauchte ein Trick auf, mit dem sich Home in Pro umwandeln ließ.

Im Laufe der Zeit kamen aber diverse weitere Editionen hinzu. Dazu gehörte die "Tablet PC Edition" eben für Tablet-PCs, die damals aber noch keine Erfolge feiern konnten, sowie die Media Center Edition, die zwar eigentlich nur für Heimanwender gedacht war, technisch aber fast vollständig der Professional-Edition entsprach. Der EU verdanken wir die N-Editionen ohne Media Player, die aber kaum einer kaufte, weil sie genauso teuer waren wie die entsprechenden Editionen mit Media Player. Übrigens musste Microsoft auch in Südkorea spezielle XP-Editionen auf den Markt bringen: "K" mit Links zu Alternativen für Media Player und Messenger sowie "KN" ohne beides.

Die erste 64-Bit-Version von XP war jene für Rechner mit Itanium-CPU, woran weder Microsoft noch Intel gern erinnert werden. Diese "64-Bit Edition" ist nicht mit der "x64"-Version zu verwechseln, die für die heute üblichen x86-64-CPUs gedacht war. Letztere Edition basierte schon nicht mehr auf XP, sondern nutzte den Kernel des Server 2003. Beide 64-Bit-Editionen hatten aber so geringe Verbreitung, dass XP im Grunde immer als reines 32-Bit-Windows wahrgenommen wurde.

Jahre später kam noch eine weitere XP-Edition groß raus: die für die kleinen Netbooks, die zwar bei der Hardware-Ausstattung geizten, dank geringer Größe und vor allem geringem Preis aber trotzdem ein Kassenschlager wurden. Nachfolger Vista war zu diesem Zeitpunkt zwar schon erschienen, doch dessen Schwuppdizität war auf den ersten Netbooks dermaßen mies, dass Microsoft XP dafür anbieten musste. Die Ablösung von XP auf dieser Geräteklasse gelang erst Windows 7 Starter.

Ursprünglich sollte XP eine Haltbarkeit von gerade mal 5 Jahren haben, plus 2 Jahre für die Pro-Edition. Da aber gleichzeitig galt, dass der Support mindestens bis 2 Jahre nach Erscheinen des Nachfolgers gelten sollte, wurde aus der kurzen Haltbarkeit schon mal nichts – Vista verspätete und verspätete sich. Und als es endlich da war, entpuppte es sich keineswegs als würdiger Nachfolger. Deshalb blieben die meisten Nutzer lieber bei XP – das änderte sich erst mit Windows 7. Daraufhin verlängerte man zuerst den Support für XP Pro und schließlich auch für alle anderen Editionen bis 2014. Keine andere Windows-Version genoss bislang so langen Support. Denn für die Nachfolger Vista, Windows 7 und 8.1 gelten allesamt nur 10 Jahre. Erst Windows 10 Home, Pro, Education und Enterprise werden dank "Windows as a Service" faktisch unbegrenzt Support erhalten.

Den End-Termin 2014 hielt Microsoft schließlich, allem Bitten und Wehklagen zum Trotz. XP läuft zwar auch nach dem Termin noch, doch weil neu entdeckte Sicherheitslücken nicht mehr gestopft werden, sollte man es nicht mehr mit dem Internet verbinden (was auch für den XP-Modus von Windows 7 gilt). Seitdem sinkt der Marktanteil zwar langsam, aber stetig. Man darf gespannt sein, ob XP auch seinen 20. Geburtstag noch erlebt – Microsoft dürfte jedenfalls hoffen, dass nicht.

Update 25.10.16 11:30: Da im Forum diskutiert wird, unter XP per Registry-Hack Updates zu beziehen, die nicht für die XP-Desktop-Editionen gedacht sind, sondern für "Windows Embedded POSReady 2009", hier nochmal unsere Hinweise dazu:

(ps)/ (axv)