Deutschland verfehlt beim Klimaschutz seine selbstgesteckten Ziele

Deutschland hat den Anspruch, weltweit zu den Vorreitern beim Klimaschutz zu gehören. Doch die große Koalition streitet übers CO2-Sparen, die Umweltministerin muss ohne Klimaschutzplan zum UN-Gipfel reisen. Auch an anderen Stellen hakt es.

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CDU/CSU und SPD können sich nicht einigen: Deutschland schwächelt beim Klimaschutz

(Bild: BMUB)

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Von
  • dpa

Deutschland verfehlt beim Klimaschutz seine selbstgesteckten Ziele. Der Klimaschutzplan 2050, der spätestens bis zur UN-Klimakonferenz in Marokko Mitte November stehen sollte, könne erst im Dezember verabschiedet werden, sagte Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) am Dienstag. Auch die Ankündigung, bereits bis zum Jahr 2020 rund 40 Prozent weniger Treibhausgase auszustoßen als noch 1990, sei mit den derzeitigen Bemühungen wohl nicht zu erfüllen. Konkrete Zahlen dazu will Hendricks im Dezember vorlegen.

Die Verantwortung für den monatelangen Streit über den Klimaschutzplan sieht die SPD-Politikerin beim Koalitionspartner. "Die Blockadehaltung der CDU und CSU ist zu groß, als dass die Unterschiede in kurzer Zeit überwunden werden könnten", sagte sie. Verhandlungen mit den CSU-geführten Landwirtschafts- und Verkehrsressorts verliefen schleppend. Polternde Kritik etwa von CDU-Vize Armin Laschet zeige, dass er ihren Vorschlag "nicht gelesen oder jedenfalls nicht verstanden" habe, sagte Hendricks.

Die UN-Klimakonferenz findet vom 7. bis zum 18. November in Marrakesch statt, Hendricks nimmt in der zweiten Woche teil. Der Klimaschutzplan soll aufzeigen, wie Deutschland seinen Treibhausgas-Ausstoß bis 2050 um 80 bis 95 Prozent reduzieren will. Dieses Ziel ist bereits vereinbart. Streit gibt es aber darüber, welchen Beitrag die einzelnen Sektoren wie Verkehr, Landwirtschaft und Energie leisten sollen. Vergangenes Jahr hatte sich die Weltgemeinschaft auf das Ziel geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen. Das Klimaabkommen von Paris tritt am Freitag offiziell in Kraft, Deutschland hat es bereits ratifiziert. Die Vertragsparteien sind verpflichtet, nationale Klimaschutzpläne auszuarbeiten.

Einen Entwurf hatte Hendricks bereits im April vorgelegt. Seitdem hat sie viele konkrete Ziele und Maßnahmen etwa zum Kohleausstieg oder zum Fleischkonsum schon gestrichen, vor allem auf Wunsch von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und des Kanzleramts. Damit der Plan überhaupt in die Ressortabstimmung gehen konnte, strich Hendricks Zahlen und ersetzte sie vorerst durch Platzhalter.

Mit dem Kohleausstieg, der für das Erreichen der Ziele zwingend notwendig ist, soll sich eine Kommission befassen. Diese könne bereits Anfang des kommenden Jahres mit der Arbeit beginnen und solle Mitte 2018 Ergebnisse vorlegen, sagte die Umweltministerin. Diese könnten auch aufzeigen, wie das für 2020 angepeilte Klimaschutzziel doch noch erreicht werden könne. Hendricks ließ mehrmals durchblicken, dass sie dabei vor allem auf die Energieerzeugung setzt, zu konkreten Anforderungen an die Energiewende und den Kohleausstieg wollte sie sich aber nicht äußern.

Die Opposition warf der Bundesregierung vor, im Klimaschutz zu versagen. Die Regierung säge an Deutschlands internationaler Vorreiterrolle, sagte die klimapolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Eva Bulling-Schröter. "Es ist blamabel, dass ausgerechnet Deutschland mit leeren Händen nach Marrakesch fährt", sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Die Bundesregierung sei beim Klimaschutz handlungsunfähig. Auch die Umweltverbände BUND, Germanwatch, Greenpeace, Nabu und WWF sprachen von einer "Blamage". (anw)