Mit Data-Mining zu gesundem Essen

Forscher aus dem Iran haben tausende von Rezepten analysiert, um Zusammenhänge zwischen typischen Zutaten und Gesundheitsdaten zu finden. Gerichte mit vielen Kohlenhydraten kommen dabei nicht gut weg.

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Von
  • TR Online

Die indische Küche unterscheidet sich, wie die meisten Menschen aus eigener Erfahrung wissen, deutlich von mexikanischer, italienischer oder chinesischer. Weniger klar aber ist, wie sich diese Unterschiede quantifizieren lassen – und bislang ist kaum etwas darüber bekannt, was genau Essen rund um die Welt auszeichnet und wie es sich auf die Gesundheit auswirkt.

Eine Studie von Sina Sajadmanesh und Kollegen von der University of Technology im Iran könnte das ändern: Die Forscher haben eine riesige Datenbank mit Rezepten aus aller Welt zusammengestellt, sie nach Ländern sortiert und analysiert, welche Zusammenhänge untereinander und mit der Gesundheitssituation in verschiedenen Teilen der Welt bestehen.

Zum ersten Mal zeigt die Analyse genau, wie unterschiedliche Küchen durch ähnliche Zutaten miteinander verbunden sind, welche Zutaten typisch für bestimmte Küchen sind und welchen Einfluss Lebensmittel auf die Gesundheit haben.

Die Rezepte für die Datenbank stammen von der Koch-Community Yummly. Von dort luden die Forscher rund 150.000 Rezepte aus 200 unterschiedlichen Küchen herunter, beschränkten sich dann aber auf diejenigen 82 Länder, aus denen jeweils mehr als 100 Rezepte kamen. Insgesamt waren darin rund 3000 verschiedene Zutaten enthalten.

Als Nächstes bestimmten Sajadmanesh und Kollegen den Ernährungswert jedes der Gerichte, indem sie die Anteile von Kohlenhydraten, Eiweiß und Fett berechneten. Zusätzlich verschafften sie sich Statistiken zu den einzelnen Ländern mit Informationen über die Gesundheitsausgaben im Verhältnis zum BIP, die Verbreitung von Fettleibigkeit und die Netto-Einwanderungsrate. Im letzten Schritt suchten sie mit unterschiedlichen Methoden aus den Bereichen Data-Mining und maschineller Intelligenz nach interessanten Zusammenhängen in all diesen Daten.

Unter anderem analysierten die Forscher die Vielfalt der Zutaten in einer bestimmten Küche: Sie prüften, wie viele unterschiedliche Zutaten in den Gerichten eines Landes insgesamt vorkommen (die globale Vielfalt) und wie viele verschiedene Zutaten in den einzelnen Gerichten zu finden sind (die lokale Vielfalt).

Wie sich zeigte, ist die Vielfalt in Ländern mit hohem Einwanderer-Anteil tendenziell am stärksten ausgeprägt – also zum Beispiel in den USA oder Australien. In solchen Ländern ist die Zahl der Zutaten am höchsten, und es gibt auch die stärkste Variation bei unterschiedlichen Gerichten.

Ebenfalls interessant ist die Komplexität der Gerichte in den Landesküchen – also die Zahl der verwendeten Zutaten. So besteht etwa jedes zweite Gericht aus dem ostasiatischen Laos aus mehr als 15 Zutaten, während jedes zweite Gericht aus Russland mit weniger als 7 auskommt. Die laotische Küche ist also weitaus komplexer als die russische.

Außerdem suchte das Forscherteam anhand der verwendeten Zutaten nach Ähnlichkeiten zwischen verschiedenen Landesküchen. Wie sich zeigte, gibt es bestimmte Zutaten, die typisch für ein Land sind: Mozzarella-Käse zum Beispiel wird fast nur in italienischen Gerichten verwendet, während die Gewürzmischung Garam masala typisch für die indische Küche ist.

Zuletzt analysierte das Team den Zusammenhang zwischen dem Nährwert und der Gesundheit der Bevölkerung im jeweiligen Land. Dabei zeigte sich eine deutliche Korrelation zwischen Fettleibigkeit und Gerichten, die von Zucker und Kohlenhydraten dominiert sind. Andersherum sind Gesundheitsprobleme weniger verbreitet, wenn die Bevölkerung eines Landes eiweißreich isst.

Diese Ergebnisse sind interessant, haben aber ihre Schwächen. Diese betreffen zunächst einmal die Datengrundlage: So ist nicht klar, wie genau die Rezepte die unterschiedlichen Küchen aus aller Welt wiedergeben. Denn die Forscher haben nicht geprüft, von wem sie stammen – werden beispielsweise indische Rezepte von Indern in ihrer Heimat veröffentlicht oder doch eher von Köchen in westlichen Restaurants?

Naheliegend ist, dass die Rezepte auf Yummly einen Blick auf weltweite Küchen nur durch die spezielle Brille von wohlhabenden, technikbegeisterten Feinschmeckern aus reichen Ländern erlauben. Mit dieser Verzerrung sollten sich Sajadmanesh und ihre Kollegen genauer beschäftigen. Trotzdem bietet ihre Analyse faszinierende Einblicke in Landesküchen rund um die Welt und ihre Besonderheiten.

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