"Phonoindustrie kann noch nicht aufatmen"
Der Einstieg von Bertelsmann bei Napster bringt keine Entspannung beim Problem der Musikpiraterie, so der Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft.
Der Einstieg von Bertelsmann bei der umstrittenen US-Musiktauschbörse Napster bringt nach Ansicht des Bundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft keine Entspannung im Hinblick auf das Problem der Musikpiraterie im Internet. "Durch die Allianz hat sich nichts Neues für uns ergeben. Wir können nicht aufatmen. Napster ist nur eine Variante von vielen Angeboten", sagte Peter Zombik, Geschäftsführer des Verbandes, am Donnerstag in einem dpa-Gespräch. Die Musikindustrie werde hingegen ihre Bemühungen intensivieren, um weitere rechtliche und technische Möglichkeiten zur Bekämpfung des Musikdiebstahls zu schaffen.
Der Verband begrüßt aber die Ankündigung Bertelsmanns, das Geschäftsmodell von Napster zu ändern und sicherzustellen, dass Künstler, Autoren und Plattenlabels ihre Tantiemen bekommen. "Das Napster-Angebot ist rechtswidrig. Für uns ist nun entscheidend, dass in Zukunft das Urheberrechtsgesetz beachtet wird", so Zombik. Allein in Deutschland ist nach Verbandsangaben 1999 ein Schaden durch Raubkopien von rund 140 Millionen Mark entstanden. Und durch die rasante Entwicklung des Internets werde sich dieser im Jahr 2000 deutlich erhöhen, obwohl insgesamt 1.800 deutsche Websites mit illegalen Musikangeboten im vergangenen Jahr geschlossen werden konnten.
Hoffnung setzt der Verband und seine Anti-Piraterie-Abteilung auf das kurz vor der Einsatzreife stehende "Rights Protection System" (RPS). Mit dieser Software soll das Herunterladen von illegalen Musiktiteln vor allem aus dem Ausland verhindert werden. "Es hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden. Bisher waren die Piraten unser Ziel. Doch im Netz verschwindet der Pirat hinter dem Angebot", berichtet Zombik. In Deutschland hätte man zwar gesetzliche Handhabe gegen Piraten, im Ausland sei jedoch der juristische Zugriff stark eingeschränkt. Und mit RPS könne gezielt das verbotene Angebot gesperrt werden.
Um das RPS-System wirksam einzusetzen, müsste es von Providern mit internationalen Zugang installiert werden. Verhandlungen über den Einsatz dieses oder eines ähnlichen technischen Systems laufen seit längerer Zeit. "Wir sind auf einem guten Weg", sagte Zombik.
Im Kampf gegen die Musikpiraterie hat die Tonträgerindustrie, die 1999 einen Umsatz von 4,89 Milliarden DM bei 272,6 Millionen CDs, MCs und Singles vorweisen konnte, bei der so genannten physischen Ware Erfolge erzielt. "Hier haben wir einen Anteil der Musikpiraterie am Umsatz von zwei Prozent. Immer noch zu viel, aber damit kann man leben", so Zombik. Bei der Online-Musik dominiere jedoch das illegale Angebot im Internet mit über 90 Prozent. (dpa)/ ()