BKA-Herbsttagung: Bundesinnenminister schildert Visionen zur "Polizei 2020"

Beim BKA soll eine moderne IT-Architektur eingeführt werden, die sich in ihrer Funktionstüchtigkeit an dem "Kerndatensystem" für Asylbewerber orientiere, erklärte Thomas de Maizière in Mainz.

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BKA-Herbsttagung: Bundesinnenminister zeigt Visionen zur "Polizei 2020"

de Maizière in Mainz.

(Bild: heise online / Detlef Borchers)

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Von
  • Detlef Borchers
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Auf der Herbsttagung des Bundeskriminalamts im kurfürstlichen Schloss zu Mainz hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière die grundlegende IT-Reform der deutschen Polizei skizziert. Diese Reform geht weg von "Datentöpfen" zu einem großen gemeinsamen "Kerndatensystem", wie es im Rahmen der Flüchtlingsaufnahme im Bundesamt für Migration geschaffen wurde. Das Motto dieser hochmodernen Verbunddatei erklärte de Maizière so: "Einer für alle bei der Registrierung, jeder für sich bei der Nutzung."

De Maizière würdigte eine Pioniertat Horst Herolds. Dieser habe als fünfter Chef des Bundeskriminalamtes die Polizeiarbeit revolutioniert und das EDV-System Inpol mit einem von 22 Millionen auf 122 Millionen DM hochgesetzten Etat eingeführt. Als Polizeipräsident in Nürnberg habe er das praktiziert, was heute Preditive Policing heißt. "Sie alle hier stehen in den Fußstapfen Horst Herolds", rief de Maizière den Kriminalamtlern zu, nun die IT des BKA grundlegend umzubauen. Dafür soll die Polizeibehörde 1300 zusätzliche Stellen bekommen, während der Etat von 430 Millionen Euro auf 574 Millionen im Jahr 2017 erhöht wird.

Diese "Modernisierung des Informationsmanagements der deutschen Polizei" sei ähnlich revolutionär wie Herolds Arbeit, weg "von einer Struktur gut gepflegter, aber verschiedener Datentöpfe zu einer hochmodernen und einheitlichen IT-Architektur". Das für die Polizeiarbeit der Zukunft geplante Kerndatensystem der deutschen Polizeien werde auch Standards für die Bund-Länder-Zusammenarbeit setzen und getrennte Länder-Informationstöpfe abschaffen.

In dem modernen IT-System werde der herkömmliche Datenschutz nicht greifen, sondern ein "geordnetes Zugriffsmanagement" eingesetzt werden, das durch "Vollprotokollierungen mit Analysefunktionen" auch den Forderungen der Datenschutzaufsicht entspreche. "Schutz der gesammelten Daten vor unberechtigtem Zugriff und nicht Schutz der getrennten Datentöpfe, das ist effektiver und moderner Datenschutz", meinte der Innenminister, dem das BKA unterstellt ist. Es brauche insbesondere ein modernes Datenmanagement, das "sich an sich an der Qualität der Eingriffe bei der Datenerhebung orientiert". De Maizière nannte als Beispiel für qualitativ schlechte Datenhaltung den "Recklinghausen-Attentäter", der unter verschiedenen Namen und dann noch verschiedenen Schreibweisen sieben Mal erfasst wurde, mit Speicherung seiner Fingerabdrucke in unterschiedlichen Datenbanken.

Mit der hochmodernen IT werde ein neues BKA-Gesetz kommen, kündigte der Bundesinnenminister an. Das neue Gesetz werde den Bedenken des Bundesverfassungsgerichtes Rechnung tragen und den Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung umfassend reformieren, weil die statischen Berechtigungskonzepte zu den einzelnen Datentöpfen veraltet sein.

So wie Herold sich mit Inpol etwas zugetraut habe, sollen seine Nachfolger ansetzen: "Wir sollten uns zutrauen, die gesamte IT umzubauen und die Möglichkeiten, die uns das Bundesverfassungsgericht gegeben hat sowie die Grenzen, die es der Arbeit auferlegt hat, klug in der neuen IT-Architektur zu verbinden," forderte de Maizière.

Zwei weitere wurden von ihm als herausragende IT-Ereignisse der künftigen Polizeiarbeit herausgestellt: Einmal die von der EU beschlossene Vorratsdatenspeicherung von Fluggastdaten, die den Sicherheitsbehörden wichtige Hinweise liefere, verdächtige Reisemuster aufzuspüren: "Wir wollen Terroristen erkennen, wenn sie versuchen, durch Europa zu reisen." Zweitens sei die Einrichtung der Entschlüsselungsbehörde ZITIS ein wichtiger Schritt bei der Entwicklung von Werkzeugen für die Quellen-TKÜ, der "Kryptierungs-Forschung" und der Asservaten-Auswertung.

"ZITiS soll die zentrale Stelle für Forschungs- und Entwicklungsaufgaben mit Cyberbezug werden und mit Methoden, Produkten und Strategien die tägliche und operative Arbeit der Sicherheitsbehörden erleichtern," meinte de Maizière, betonte dabei aber zugleich, dass ZITIS keine operativen Befugnisse haben werde. Schließlich erwähnte noch das neue Sicherheitspaket, dass die Polizeiarbeit im Kürze erleichtern werde. "Sie sehen deswegen heute einen sehr zufriedenen Bundesinnenminister vor sich", strahlte de Maizière ins Publikum. (anw)