Leere Luft

Aerodynamik-Simulation im Fahrzeugbau

Die Firma EXA stellt Aerodynamik-Simulations-Software her, mit der unter anderem Jaguar, Tesla und BMW Motorrad ihre Entwicklungszeiten verkürzen. Wir besuchten das Entwicklungsteam und ließen uns das erklären

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Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Seit wir leistungsfähige Computer nebst entsprechender Mathematik haben, helfen uns Simulationen, unsere Welt vom ganz Großen bis ins Kleinste besser zu verstehen. Wenn wir "Simulation" hören, ordnen wir den Begriff schnell ein zu "das zweitbeste nach Realität", weil es unserer Lebenswelt entspricht. Motorradfahren. Sex. Fußballstadion. In vielen Bereichen jedoch hat sich die Simulation als der Realität weit überlegen gezeigt. Manchmal kann man die Realität nicht so zum Experiment gestalten, dass wir sinnvolle Ergebnisse erhalten. Wir können nicht einfach hinten im Schuppen zwei Schwarze Löcher kollidieren lassen und zuschauen, was dabei passiert. Wir können so ein Ereignis jedoch in Supercomputern simulieren, um etwas über unser Universum zu erfahren.

Simulation im Vorteil

In anderen Fällen können wir durchaus echte Experimente aufbauen, aber die Realität beantwortet uns dennoch viel weniger Fragen als die Simulation es kann – aus einem einfachen Grund: Die Simulation erlaubt den Zugriff auf jeden Einzelpunkt ihres Datenkosmos'. In der Realität müssen wir diese Daten mit Messgeräten erfassen, die nur wenige Punkte des Messraumes erfassen. Eine vollständige Realitätsmessung existiert nicht. Also gibt es auch keine vollständige Messung der Luftströmung um ein Fahrzeug. Der Windtunnel war zu seiner Einführung ein großer Schritt im Fahrzeugbau, weil die Konstrukteure dadurch schneller verschiedene Formen im Wind ausprobieren konnten. Aber der Windtunnel sagt dem Entwickler weniger, als unsere eher romantischen Ansichten uns denken lassen.

Partikel in den Wind

Typischerweise messen Drucksensoren an jedem Rad, ob Auftrieb erzeugt wird. Doch wo genau der erzeugt wird und wie man dem am besten gegensteuern könnte, das verraten sie nicht. Deshalb wirft man zum Beispiel Partikel in den Wind und filmt das mit Hochgeschwindigkeitskameras (eine Evolution der Rauchlanze vergangener Zeiten). Das verrät einiges über die Strömung. Zusätzlich kann man hinter dem Fahrzeug Druck messen. In Ferraris aufwendigem Windkanal gibt es zum Beispiel ein Array von Drucksensoren, die hinter dem Teststück Druck messen. Man erhält also für seine Messung einen Schnitt der Druckverteilung von der Stelle, an der die Sensoren stehen.

"Luftikus"

Luft kennen wir jedoch seit jeher als chaotisches Element. Der "Luftikus" kommt daher oder die Larifari-chaotischen Luftgeister alter Märchen. Luft flattert, wirbelt und verdreht sich auf kleinsten Bereichen, und weil Windgeräusche oder ungenügender Kühlerdurchfluss genau an diesen kleinsten Bereichen hängen, hilft hier eine Simulation enorm. Sie spart außerdem Kosten, weil das Teststück mit teilautomatisierten Hilfen sehr schnell angepasst und in effiziente Testreihen gestellt werden kann. Jaguar will bis 2020 die aerodynamischen Prototypen aus dem Entwicklungsprozess verbannen. Die Simulation lieferte ihnen für ihre aktuellen Modelle viel bessere Ergebnisse bei viel geringerem Aufwand. Ähnlich schaut es bei Tesla aus. Selbst Hersteller von Motorrädern oder Helmen nutzen diese Technik.