Zensur und Repression gegen Meinungsfreiheit: Das PEN-Zentrum in Darmstadt ist stärker denn je gefordert

Seit 65 Jahren hat die deutsche Vertretung des internationalen Schriftstellerverbands PEN ihren Sitz in Darmstadt. Doch so viel Arbeit wie gegenwärtig habe es in den vergangenen Jahrzehnten nicht gegeben, sagt der PEN-Präsident.

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Stärker denn je gefordert: Das PEN-Zentrum in Darmstadt

(Bild: PEN-Zentrum Deutschland)

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Von
  • Stephen Wolf
  • dpa

Müssen Schriftsteller und Journalisten mit der Verfolgung durch autoritäre Kräfte rechnen, steht Ihnen der Internationale Autorenverband PEN bei. In Deutschland setzt sich die Organisation von Darmstadt aus für die Freiheit des Wortes ein. Wie der Schriftsteller und PEN-Präsident Josef Haslinger sagt, ist dieser Einsatz – 65 Jahre nach Gründung des Zentrums – notwendiger als in den vergangenen Jahrzehnten. "Wir sind in der Tat beunruhigt über die momentane Lage in Europa", sagt der Österreicher, der das Darmstädter Zentrum seit 2013 leitet.

So habe die Flüchtlingskrise viele Menschen verunsichert. Davon versuchten nun nationalistische Parteien und Organisationen zu profitieren, warnt der Österreicher. "Ich denke dass der Anti-Islamismus und die entsprechende Diskriminierung in Europa größer sind als etwa in den USA", sagt der PEN-Präsident. Die Situation auf dem Kontinent fordere daher auch künftig die intensive Arbeit des deutschen Autorenverbands.

Auch die Meinungsfreiheit sei in etlichen Ländern des alten Kontinents bedroht, mahnt der 61 Jahre alte Autor. Ähnlich wie in seinem Heimatland, wo die rechtspopulistische FPÖ momentan einen starken Einfluss hat, gebe es etwa auch mit Blick auf das von Viktor Orbán straff geführte Ungarn große Sorgen. "Vor allem aber die Situation in der Türkei hält uns auf Trab", sagt Haslinger.

Angesichts der Repressionen, die kritischen Schriftstellern und Journalisten in dem Land drohen, versuchen die deutschen Autoren zu helfen. So hat das deutsche PEN-Zentrum Mitte November den Hermann-Kesten-Preis an die türkischen Journalisten Can Dündar und Erdem Gül als "mutige Kämpfer für Meinungsfreiheit und Demokratie" verliehen.

Das wird auch bei der hessischen Landesregierung gesehen. "Das PEN-Zentrum Deutschland leistet sehr wichtige Arbeit im Hinblick auf die Unterstützung von politisch verfolgten und unterdrückten Autoren", sagt der hessische Wissenschaftsminister Boris Rhein (CDU) und fügt hinzu, das Land Hessen fördere das PEN-Zentrum dieses Jahr mit insgesamt 24.500 Euro.

Intensiv widmen sich die Autoren in Deutschland und ihre Mitstreiter dem international einmaligen Programm "Writers in Exile", bei dem Autoren zeitweise ihr politisches Exil in der Republik verbringen. Die Geschichte des Zentrums war von Anfang an geprägt vom politischen Wandel. Nach Gründung des PEN 1921 in England – das Kürzel steht übrigens für die englischen Wörter "Poets, Essayists, Novelists" – etablierte sich der Autorenverband in vielen weiteren Staaten. Die erste deutsche Dependance gründete sich 1921 und wurde während der NS-Zeit wieder aufgelöst. 1949 erfolgte schließlich die Wiedergründung als gesamtdeutsches Zentrum in Darmstadt. Der damalige Präsident hieß Erich Kästner.

Doch der Kalte Krieg sorgte für Streit zwischen den Delegierten aus Ost und West. Schließlich gründete sich am 4. Dezember 1951 – erneut in Darmstadt – das PEN-Zentrum der Bundesrepublik. Zwei Jahre später folgte die damalige DDR mit ihrem eigenen Zentrum. 1998 – erst neun Jahre nach dem Fall der Mauer – schlossen sich beide deutsche PEN-Zentren zusammen.

Im Darmstädter Rathaus ist man sich der Bedeutung bewusst und Oberbürgermeister Jochen Partsch (Grüne) geht fest davon aus, dass das Deutsche PEN-Zentrum auch langfristig in Darmstadt bleibt. "Das Zentrum soll künftig – mit verbesserter Raumausstattung – seinen Sitz in einer der Jugendstilvillen der Künstlerkolonie Mathildenhöhe erhalten, mit der sich Darmstadt um die Anerkennung als UNESCO-Weltkulturerbe bewirbt», sagt der Rathauschef. (kbe)