Frankreich: Zwei Jahre Haft für Besuch dschihadistischer Websites

Immer mehr Menschen werden in Frankreich zu Gefängnisstrafen verurteilt, weil sie "regelmäßig Internetseiten mit Terror-Propaganda" aufgesucht haben. Das zugrundeliegende Gesetz ist wenige Monate alt und soll nun vom Verfassungsgericht geprüft werden.

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Frankreich: Zwei Jahre Haft für Besuch dschihadistischer Websites
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Zum wiederholten Mal ist in Frankreich ein Mann zu zwei Jahren Haft verurteilt worden, weil er im Internet regelmäßig Seiten mit Terrorismus-Propaganda aufgerufen hat. Wie der öffentlich-rechtliche Radiosender France Bleu berichtet, fand das Gericht zwar Hinweise auf das Interesse an der Terrormiliz IS aber keine auf eine Radikalisierung. So habe er propagandistische Bilder gespeichert, als Desktop-Wallpaper die IS-Flagge eingerichtet und nutzte als Passwort "13novembrehaha" – in Anspielung auf die Anschläge in Paris. Seine Besuche auf den fraglichen Internetseiten habe er mit seiner Neugier und Suche nach dem wahren Islam erklärt. Das habe der Richter nicht akzeptiert, weil er ebenfalls eingestand, keine anderen Nachrichtenseiten anzugucken. Verurteilt wurde er nun nach einem wenige Monate alten Gesetz.

Das im Frühjahr verabschiedete und bereits mehrmals angewandte Gesetz war eine Reaktion auf die verheerenden Anschläge von Paris und war noch vor jenen in Nizza verabschiedet worden. Für den "regelmäßigen Besuch terroristischer Internetseiten" sieht es bis zu zwei Jahre Gefängnis und 30.000 Euro Strafe vor. Auch deswegen soll nun das Verfassungsgericht prüfen, ob das Gesetz überhaupt rechtmäßig ist. Wie Le Monde berichtet, wird zum Beispiel kritisiert, dass der Begriff "Terrorismus" überhaupt nicht klar genug definiert sei. Außerdem könnte die Bestrafung eines bloßen Besuchs einer Website gegen die Kommunikationsfreiheit verstoßen.

Wie die IT-Nachrichtenseite Numerama zusammenfasst, ist der nun im südfranzösischen Privas verurteilte Mann nicht der erste, der unter Berufung auf dieses Gesetz ins Gefängnis muss. Im August wurde der Seite zufolge ein 31-Jähriger in Chartres ebenfalls zu zwei Jahren Haft verurteilt. In Marseille traf es im September einen 28-Jährigen. Er war überführt worden, weil er die Seiten an einem Bibliotheksrechner besuchte und die Polizei deswegen Zugriff auf umfangreiche Verlaufslisten hatte. (mho)