Indien: Bargeldmangel kostet Arbeitsplätze

Die plötzliche radikale Bargeldreform setzt Indiens Wirtschaft hart zu, vor allem außerhalb der größten Städte. Am Beispiel der Mobiltelefone offenbaren sich Absatzeinbrüche und damit verbundene Massenkündigungen.

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5- und 10-Rupien-Scheine

Kleine Rupien-Scheine sind noch gültig, aber kaum etwas wert.

(Bild: eurok CC BY 2.0)

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Am 8. November hat die indische Regierung überraschend alle Banknoten im Wert von mehr als 100 Rupien (1,41 Euro) für ungültig erklärt. Neue Noten bekommt nur, wer sein Geld zuvor auf ein indisches Konto einzahlt. Premierminister Narendra Modi wirbt für eine bargeldlose Gesellschaft. Die radikale Reform schadet vor allem ärmeren Indern. Als Beispiel mag die Situation bei indischen Herstellern von Mobiltelefonen dienen. Diese Firmen müssen zahlreiche Mitarbeiter auf die Straße setzen.

Das Featurephone Metal 24 von Lava Mobiles hat einen Listenpreis von 2.000 Rupien (28 Euro).

(Bild: Lava Mobiles)

Denn der Handy-Verkauf ist eingebrochen, wie der Telecom-Nachrichtendienst Lightreading mitteilt. In Städten mit weniger als 100.000 Einwohnern gibt es oft keine Datendienste, weshalb in der Regel mit Bargeld bezahlt werden muss. Seit es kaum noch gültiges Bargeld gibt, stapeln sich bei dortigen Händlern unverkäufliche Mobiltelefone. Laut Analysten Gartners und IDCs gibt es aber auch bei Online-Händlern signifikante Umsatzeinbußen – in Indien ist es üblich, auch Online-Bestellungen per Nachnahme bar zu zahlen.

In den kleineren Städten dominieren einfache Handys (Featurephones) den Einzelhandel. Diese Geräte werden meist im Inland produziert. Der Absatzeinbruch trifft also in erster Linie indische Fabrikanten. Intex Technologies (India), Lava International und Karbonn Mobiles hätten bereits zehn bis 40 Prozent ihrer Belegschaft gekündigt, meldet Lightreading.

Lava habe vorübergehend eine Fabrik geschlossen, in der zuvor 5.000 Menschen Arbeit hatten. Und Foxconn habe 2.000 Beschäftigte für zwei Wochen auf unbezahlten Urlaub geschickt. Und das trifft auch ganz andere Wirtschaftszweig, denn wer nichts verdient, kann auch nicht viel ausgeben.

Unicode U+20B9 steht für das Symbol der Indischen Rupie.

Analysten von IDC haben bereits im November, gut zwei Wochen nach der plötzlichen Geldscheinentwertung, ihre Prognosen um 4,5 Prozentpunkte nach unten revidiert. Demnach würden im laufenden vierten Quartal um 17,5 Prozent weniger Smartphones und um 24,6 Prozent weniger Featurephones verkauft als im dritten Quartal. Das vierte Quartal ist in Indien traditionell schwach, weil nach dem Diwali-Feiertag (2016 am 30. Oktober) die Konsumsaison vorüber ist.

Die Hersteller versuchten, mit späteren Zahlungszielen und Rabattaktionen den Verkauf anzukurbeln. Intex hat zudem eine Werbekampagne für seine digitale Geldbörse (mobile wallet) lanciert. IDC-Analyst Jaipal Sing erwartet, dass sich die Absatzzahlen erst gegen März erholen werden. Betroffen sei auch der Tablet-Markt. Während es bei Geschäftskunden nur geringe Auswirkungen gäbe, werde der Verbrauchermarkt im vierten Quartal um ein Drittel einbrechen.

Diese Prognosen beziehen sich auf ganz Indien. In den Bargeld-dominierten Dörfern und kleineren Städten sind die Auswirkungen des Bargeldmangels größer als in den Großstädten.

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(ds)