Spezialwatte gegen Ölverschmutzungen

Ein ehemaliger Laborleiter bei Hoechst hat eine neuartige Technik entwickelt, die gegen schmierige Katastrophen helfen kann.

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Spezialwatte gegen Ölverschmutzungen

(Bild: Ulrike Frömel)

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Der Chemiker Ernst Krendlinger hat eine Spezialwatte entwickelt, die das 6,55-Fache ihres eigenen Gewichts an Öl aufnehmen kann, berichtet Technology Review in seiner Februar-Ausgabe "Erfinder aus Zufall", die ab dieser Woche am Kiosk oder online erhältlich ist. So reichen bei einem kleineren Ölunfall mit 100 Litern 15 Kilogramm Watte. Der ehemalige Laborleiter beim Chemiekonzern Hoechst stieß per Zufall auf das Verfahren, nachdem es bei einem Wachshersteller über Nacht zu einem Fehler gekommen war.

"Das Öl wird durch Kapillarkräfte in die Watte eingezogen – so wie Wasser von Löschpapier, nur mit entgegengesetzter Polarität", erklärt Jürgen Rühe vom Institut für Mikrosystemtechnik an der Uni Freiburg. "Papierfasern bestehen aus Cellulose und sind sehr polar. Sie saugen polare Flüssigkeiten wie Wasser auf. Wachse sind unpolar und saugen daher unpolare Flüssigkeit auf – wie zum Beispiel Öl." Es sammle sich dann an den Kreuzungen einzelner Fasern in einer Art Manschette. "Da dieses Öl eine flüssige Phase darstellt, kann es auch durch Einwirken einer mechanischen Kraft wieder abgegeben werden", sagt Rühe. Qualitativ sei der Prozess "ganz gut verstanden", aber eine quantitative Beschreibung sei noch Gegenstand der aktuellen Forschung.

Die Spezialwatte, Pure genannt, steht auf der "Liste der geprüften Ölbindemittel". 600 bis 700 Tonnen im Jahr produziert der Hersteller Deurex momentan, zurzeit baut das Unternehmen eine zweite Produktionsanlage auf. Dabei sah es anfangs nicht gerade nach einem Erfolg aus: Sowohl das Deutsche als auch das Europäische Patentamt lehnten die Anmeldung der Erfindung ab. Also machte sich Krendlinger persönlich auf den Weg, um seine Wunderwatte den Patentexperten in München vorzuführen. Er bekam die Patentpapiere – und im September 2016 dann auch noch einen Anruf des zuständigen Prüfers aus Den Haag: Das Europäische Patentamt wolle die Idee zum "Patent des Jahres" nominieren. Ob das klappt, entscheidet sich im April.

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(bsc)