Bundesregierung beschließt Maut-Änderungen – Österreich protestiert

Verkehrsminister Alexander Dobrindt nimmt die nächste Hürde im Ringen um die Pkw-Maut: Nach seiner Verständigung mit Brüssel segnet das Kabinett ein geändertes Modell ab. Nicht nur von der Opposition kommt Kritik.

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Bundesregierung beschließt Maut-Änderungen – Österreich protestiert
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  • dpa

Die Bundesregierung treibt ungeachtet von Protesten aus Nachbarländern die Pkw-Maut voran. Das Kabinett beschloss am Mittwoch mehrere Änderungen an den bestehenden Maut-Gesetzen, wodurch deutsche Autofahrer mit besonders abgasarmen Wagen stärker von steuerlichen Entlastungen profitieren sollen. Die Nachbesserungen setzen einen von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) mit der EU-Kommission vereinbarten Kompromiss um – damit will Brüssel grünes Licht für die Maut geben. Auf Initiative Österreichs wollten mehrere deutsche Anrainer über mögliche Reaktionen beraten.

"Für inländische Autofahrer gibt es keine Mehrbelastungen. Wer ein besonders umweltfreundliches Euro-6-Fahrzeug fährt, zahlt unterm Strich sogar weniger als bisher", sagte Dobrindt. Als Ausgleich für Maut-Zahlungen soll die Kfz-Steuer für diese Wagen um jährlich 100 Millionen Euro zusätzlich im Vergleich zu den bisherigen Plänen gesenkt werden. Der Entwurf von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht dafür in den ersten beiden Jahren nach dem Start der Maut einen Aufschlag bei der generellen Kfz-Steuer-Senkung vor, die alle inländischen Autobesitzer mindestens in Höhe ihrer Maut bekommen sollen. Ab dem dritten Jahr soll dieser Aufschlag gesenkt werden.

Als zweite Änderung beschloss das Kabinett, die Kurzzeittarife stärker zu spreizen, die nur Fahrer aus dem Ausland kaufen können. So soll eine Zehn-Tages-Maut sechs Preisstufen von 2,50 Euro bis 25 Euro bekommen, bisher sind es drei Stufen von 5, 10 und 15 Euro. Die neuen Regelungen müssen noch durch Bundestag und Bundesrat. Die Maut soll etwa 2019 erhoben werden. Damit werde ein Systemwechsel zu einer stärkeren Nutzerfinanzierung vollzogen. Das Ministerium erwartet nach Abzug der Kosten, dass 524 Millionen Euro pro Jahr zweckgebunden für Straßen-Investitionen hereinkommen.

SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sagte, die Pkw-Maut sei eines der wenigen Lieblingsthemen der CSU. "Die SPD ist der Garant dafür, dass dabei kein deutscher Autofahrer zusätzlich belastet wird." Außerdem dürfe es zu keiner Diskriminierung ausländischer Autofahrer kommen.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter kritisierte: "Alle berechtigten Einwände wurden ausgeblendet, damit die CSU ihr teures Prestigeprojekt bekommt." Die europäische Zusammenarbeit dürfe nicht für "so einen Quatsch" belastet werden. Linke-Verkehrsexperte Herbert Behrens kritisierte: "Alle seriösen Berechnungen gehen davon aus, dass die Ausländermaut bestenfalls ein Nullsummenspiel wird."

Aus Sicht von Österreichs Verkehrsministers Jörg Leichtfried verstößt die deutsche Maut auch in geänderter Fassung gegen europäische Grundsätze. "Es geht auch darum, gilt in Europa noch die Stärke des Rechts oder gilt jetzt das Recht des Stärkeren", sagte er am Mittwoch bei einem Treffen von Maut-Gegnern im Europaparlament in Brüssel. "Das Modell, das die CSU möchte, ist eine Ausländermaut, wo am Ende, wenn alles abgerechnet ist, Ausländer zahlen. Und das ist diskriminierend und widerspricht dem europäischen Geist und dem europäischen Regelwerk", betonte Leichtfried. "Ich rechne sehr damit, dass auch in Österreich Vernunft einkehrt und die Maut-Maulerei ein Ende hat", entgegnete dazu Dobrindt.

Am Nachmittag war ein Treffen von Experten aus mehreren Maut-skeptischen Ländern in Brüssel geplant – allen voran Österreich und die Niederlande. "Dabei klären wir, wie weit die Länder bereit sind zu gehen", sagte Leichtfried. Als letzter Schritt sei eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) denkbar. (anw)