Google löscht 1,7 Milliarden "bad Ads"

Von Malware-Werbung bis zum illegalen Glücksspiel - Google greift gegen unseriöse Werbekunden durch. Scammer imitieren sogar Fake-News, um Diätpillen zu verkaufen.

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Google löscht 1,7 Milliarden "bad Ads"

Auch wenn Google gegen unseriöse Werbung vorgeht, können die Anbieter ihre Botschaften über andere Werbenetzwerke verbreiten.

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Torsten Kleinz
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Der Suchmaschinen- und Werbekonzern Google sorgt sich um die Qualität in seinen Werbenetzwerken. Wie das Unternehmen in einem neuen Blogposting mitteilt, hat Google im vergangenen Jahr über 1,7 Milliarden Anzeigen gelöscht, weil sie gegen die Werberichtlinien verstießen. Damit hat sich die Zahl der ausgefilterten Werbung im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt.

Während Fake News die politische Debatte bestimmen, haben auch unseriöse Werbeanbieter die Anziehungskraft dieser skandalträchtigen und oft frei erfundenen Schlagzeilen entdeckt. So hat Google in seinem neuen Bericht zu den unseriösen Werbeanbietern eine neue Kategorie von Betrügern ausgemacht, die so genannten "tabloid cloaker". Diese werben aggressiv mit möglichst skandalösen Überschriften und Bildern von Prominenten und leiten die Interessenten dann auf Websites, die beispielsweise für Diätpillen werben.

Google hat im vergangenen Jahr 1300 Accounts geschlossen, die mit dieser Methode auf Kundenfang gingen. "Leider hat diese Fom von Werbung an Popularität gewonnen, weil Menschen auf sie klicken", beklagt Google-Manager Scott Spencer. So habe die Anti-Betrugs-Abteilung von Google im Dezember 22 solcher Anbieter identifiziert, die zusammen pro Woche 20 Millionen Kunden erreichten.

Der Konzern versucht auch gegen andere Anbieter von Fake News vorzugehen, die insbesondere im US-Präsidentschaftswahlkampf enorme Verbreitung fanden. So untersuchte Google im Dezember über 500 solcher Websites und sperrte schließlich 200 von ihnen für Werbeausspielungen, weil sie beispielsweise das Layout etablierter Medien wie CNN imitierten, um oft frei erfundene Verschwörungstheorien zu verbreiten. Auch Facebook hatte im Dezember angekündigt, solchen Anbietern keine Werbegelder mehr auszuzahlen.

Der enorme Anstieg der gelöschten Werbeanzeigen resultiert teilweise aus neuen Richtlinien von Google. So hat der Konzern Mitte 2016 Anzeigen für so genannte "payday loans" verboten – kurzfristige Kredite, die insbesondere an Geringverdiener vermittelt werden und für diese Kunden aufgrund der hohen Zinsen und aggressiven Eintreibungs-Praktiken ruinöse Folgen haben können. Alleine in dieser Kategorie löschte Google fünf Millionen Anzeigen und warf 8000 Websites aus dem Werbenetzwerk, die für solche Kredite warben.

Die betrügerischen Werbekunden versuchten den Besuchern aber auch unmittelbareren Schaden zuzufügen. So entdeckte Google 900.000 Anzeigen, die Schadsoftware auf dem Rechner installieren sollten. Besonders heimtückisch ist eine Variante, die per Skript einen Klick auf die Anzeige vortäuscht und so direkt den Download einer App in Gang setzen. Mehr als 23.000 dieser "self-clicking ads" hat Google von seinen Servern gelöscht. Andere Betrüger versuchen dem Kunden mit gefälschten Warnmeldungen über vermeintlich entdeckte Schadsoftware oder Sicherheitslücken zum Klick zu bewegen. Gleich 112 Millionen dieser "Click to trick" genannten Anzeigen entdeckte Google und entfernte sie aus dem Netzwerk.

Auch die Klassiker der unseriösen Werbung sind weiterhin modern: So löschte Google 17 Millionen Anzeigen für illegale Glücksspielanbieter und 68 Millionen Anzeigen für nicht zugelassene Medizinprodukte. 6000 Konten von Werbekunden wurden suspendiert, weil sie für gefälschte Produkte wie Imitate von Luxus-Armbanduhren warben.

Spencer zeigt sich angesichts der gestiegenen Zahl der unseriösen Anzeigen alarmiert. "Während wir in bessere Technik investieren, um solche Anzeigen zu erkennen, investieren die Betrüger in ausgefeilte Techniken, um unsere Systeme zu überlisten", schreibt Spencer. Angesichts der puren Menge an Anzeigen sei eine manuelle Prüfung illusorisch. Selbst wenn das Löschen einer unseriösen Werbung jeweils nur eine Sekunde benötige, hätten die 2016 vorgenommenen Löschungen mehr als 50 Jahre gedauert. Um die Flut an unseriöser Werbung industrieweit zu bekämpfen, setzt Google beispielsweise auf die Coalition for better ads, die allerdings seit der Gründung vor vier Monaten keine wesentlichen Erfolge oder Maßnahmen verkünden konnte. (axk)