Bertelsmann begrüßt Napster-Entscheidung

Nach Ansicht von Bertelsmann ist die Napster-Entscheidung ein wichtiger Schritt nach vorne; die Zukunft der Bertelsmann/Napster-Allianz ist aber unklar.

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Von
  • Jürgen Kuri

Der deutsche Medienkonzern Bertelsmann, mit der Musiktauschbörse Napster in einer Allianz verbunden, begrüßt nach eigenen Angaben die Entscheidung des Gerichts vom gestrigen Montagabend. Die Richter hatten festgelegt, dass Napster nicht vollständig vom Netz muss, wie dies nach der einstweiligen Verfügung der ersten Instanz notwendig geworden wäre. Allerdings muss die Tauschbörse zukünftig sicherstellen, dass urheberrechtlich geschützten Werke, für die keine Lizenz besteht, nicht über den Dienst laufen. Jede illegale Kopie, von der Napster Kenntnis erhält, muss die Tauschbörse danach künftig unterbinden – da dies nach Ansicht der Musikindustrie und geltendem US-Recht die Mehrheit der Songs ist, dürfte von Napster für die User momentan nicht mehr viel übrig bleiben.

Nach Aussagen von Bertelsmann ist die Gerichtsentscheidung aber ein wichtiger Schritt nach vorne. "Sie hilft, die berechtigen Ansprüche von Copyright-Inhabern und die wichtigen Interessen der Napster-Nutzer auf eine gemeinsame Basis zu bringen", hieß es in Gütersloh. Bertelsmann verfolge entschlossen seine "Win-Win- Strategie": Auf der einen Seite müsse sichergestellt werden, dass die Künstler, Rechteinhaber und die Musikindustrie bezahlt werden, auf der anderen Seite müsse Napster in die Lage versetzt werden, Millionen von Musikliebhabern einen erstklassigen Filesharing-Service anzubieten: "Deshalb hat Bertelsmann die strategische Allianz mit Napster geschlossen. Wir werden unsere Anstrengungen für eine gemeinsame Lösung jetzt noch weiter verstärken."

Andreas Schmidt, Chef der Bertelsmann eCommerce Group, die den Deal mit Napster eingefädelt hatte, betonte erneut, dass Filesharing eine der wichtigsten Zukunftstechnologien sei: "Sie wird auf Dauer Bestandteil unseres Lebens sein. Napster und Bertelsmann arbeiten weiter konsequent am Aufbau eines Mitgliedschaft-basierten Napster-Service, der von den Rechteinhabern unterstützt wird."

Ob diese Bemühungen von Erfolg gekrönt sind, steht aber weiterhin in den Sternen. Bislang konnte die Bertelsmann/Napster-Allianz lediglich die kleineren Label TVT Records und Edel Music mit ins Boot holen. Die Majors mit Ausnahme natürlich der Bertelsmann Music Group (BMG) lehnten bisher jede Zusammenarbeit mit Napster ab. Rolf Schmidt-Holtz, Chef von BMG Entertainment, erklärte dagegen bereits: "BMG bestätigt seine Verpflichtung, ein gesichertes File-sharing-System aufzubauen, das Künstler und Rechteinhaber bedient. Mit diesem Schritt wird dem Konsumer-Interesse Rechnung getragen." BMG werde zusammen mit der eCommerce Group von Bertelsmann und Napster ein System entwickeln, das "den Fans engeren Zugang zu ihren Lieblings-Künstlern garantiert"-

EMI, Universal, Warner Music und Sony Music jedoch planen entweder eigene, vergleichbare Angebote, oder erhoffen sich von einer endgültigen Verurteilung Napster wegen Urheberrechtsverletzungen eine bessere Ausgangsposition für Verhandlungen. Wenn aber Napster nun erst einmal den Tausch aller Musikstücke, für die der Dienst keine Lizenz vorweisen kann, unterbinden muss, kann für Bertelsmann eine leere Hülle übrig bleiben: Die User könnten sich von Napster abwenden, da sie nur wenige Songs über den Dienst tauschen können, während sich die Konkurrenz eigenen Projekten zuwendet.

Bislang allerdings zeigte sich Bertelsmann optimistisch, dass es bald eine rege Beteiligung auch anderer Label an der Musiktauschbörse geben wird. Der Konzern erhofft sich nun wohl von der Gerichtsentscheidung, dass die anderen Labels auf Grund einer ausgezeichneten Verhandlungsposition eher zu einem Einstieg bereit sind, denn immerhin hatte Napster nach Druck einzelner Musiker oder Labels bereits Anwender oder bestimmte Stücke gesperrt. Jedoch dürften größere Zugeständnissen von Napster notwendig werden, denn die Majors werden sich kaum mit einer Pauschallizenz etwa auf User-Basis zufrieden geben. Sollte es aber mit ausgefeilteren Lizenz-Modellen gelingen, die Mehrheit der Labels in die Napster-Dienste einzubeziehen, könnte Bertelsmann tatsächlich auf einen Erfolg der Allianz hoffen. (jk)